Die saudische Hauptstadt Riad bekommt einen neuen Park – und was für einen: Der König-Salman-Park, benannt nach dem 87-jährigen Oberhaupt des Wüstenstaates, soll nach seiner Eröffnung 2023 mit 16 Quadratkilometern fünfmal größer werden als der Central Park in Manhattan. Eine Million Bäume sollen im größten Stadtpark der Welt gepflanzt werden. Im heißen und trockenen Klima Saudi-Arabiens wird der Park enorme Mengen an Wasser benötigen. Dabei will das Königreich seinen Wasserverbrauch eigentlich senken. Doch der Weg dahin ist nach Einschätzung von Experten noch schwieriger als der Abschied von Öl und Gas.
Bisher geht Saudi-Arabien verschwenderisch mit seinen knappen Wasservorräten um. Der Wasserverbrauch steigt nach Angaben der Regierung um jährlich sieben Prozent und liegt derzeit bei 263 Litern pro Kopf und Tag; in Deutschland sind es 128 Liter. Die Landwirtschaft verbraucht einen Großteil des Süßwassers. Das Trinkwasser in den Städten kommt zu 70 Prozent aus Meerwasser-Entsalzungsanlagen, die zum Teil mit billigem Diesel aus Russland betrieben werden.
Kronprinz Mohammed bin Salman will umsteuern
Doch die Regierung unter Kronprinz Mohammed bin Salman will umsteuern. Der Thronfolger will aus Saudi-Arabien einen modernen Staat machen, der ohne Einnahmen aus Öl und Gas auskommt. Zu seinem Reformprogramm gehört eine Wasserstrategie, die den täglichen Verbrauch bis zum Jahr 2030 auf 150 Liter senken soll. Die Regierung investiert dafür Milliarden in neue Technologien. So arbeiten moderne Entsalzungsanlagen mit der sogenannten Umkehrosmose und sind damit wesentlich energieeffizienter als Altanlagen.
Die staatlichen Wasser-Pläne seien interessant für deutsche Firmen, sagt Dalia Samra-Rohte, die als Delegierte der Deutschen Wirtschaft für die Auslandshandelskammer in Riad arbeitet. „Hier gibt es die Chance, neue Technologien bei Projekten anzuwenden, für die es in anderen Ländern kein Geld gäbe“, sagte sie unserer Redaktion. Deutsche Unternehmen arbeiten unter anderem an der Weiterverwertung der Salzlake aus Entsalzungsanlagen und an wassersparenden Begrünungstechniken im König-Salman-Park.
Samra-Rohte, die seit 15 Jahren in der Region arbeitet, sieht bei den Golfstaaten „ein starkes Umdenken“ in der Klima- und Wasserpolitik. „Da entsteht ein großer Druck, dass nun auch geliefert wird, denn den Staaten läuft die Zeit davon.“ Der Ölstaat Saudi-Arabien will bis 2030 die Hälfte seiner Energie aus erneuerbaren Quellen gewinnen und bis 2060 klimaneutral sein.
Die Klimaziele kollidieren teilweise mit den Plänen, weniger Wasser zu verbrauchen. Tobias Zumbrägel, Experte an der Universität Heidelberg für Klimapolitik und Umweltschutz in der arabischen Welt, verweist darauf, dass Solaranlagen in Saudi-Arabien im Sommer wegen Staub- und Sandstürmen fast wöchentlich mit Frischwasser gereinigt werden müssen.
Entsalzungsanlagen haben auch Schattenseiten
„Das führt zu dem abstrusen Aspekt, dass man Entsalzungsanlagen hat, die mit grünem Strom aus Solaranlagen laufen, die aber ihrerseits mehr Wasser benötigen“, sagte Zumbräge unserer Redaktion. Ähnlich sei es bei der Produktion von grünem Wasserstoff durch den Einsatz erneuerbarer Energien. „Man fragt sich, wie die saudische Energiewende gelingen soll, ohne dass es ein massives Problem beim Wassermanagement gibt“, meint Zumbrägel.
Auch bei der Meerwasser-Entsalzung gibt es negative Aspekte. So wird die Salzlake aus den Anlagen häufig in den Persischen Golf gepumpt. „Dort steigt der Salzgehalt enorm an, und das führt zu Fischsterben und zur Ausbreitung einer Blaualge, die häufig Entsalzungsanlagen verstopft“, sagt Zumbrägel.
2016 gab es wütende Proteste gegen die Senkung der Wasser-Subventionen
Trotzdem scheut sich die Regierung, die Öffentlichkeit zum Wassersparen zu drängen. Zumbrägel sieht dahinter die Funktionsweise autokratischer Herrschaftssysteme, die ihre Bürger mit wirtschaftlichen und sozialen Wohltaten politisch ruhigstellen wollen. Als die Regierung 2016 die Wassersubventionen senken wollte, gab es so heftige Proteste der Öffentlichkeit, dass der zuständige Minister gehen musste.
Riad forciert den Bau neuer Entsalzungsanlagen. Doch das werde neue Probleme schaffen, sagt Zumbrägel. „Man kann nicht bis 2030 massiv auf erneuerbare Energien setzen und gleichzeitig das Wasserproblem in den Griff bekommen. Das ist eines der größten Probleme, vor denen Saudi-Arabien stehen wird: nicht der Abschied von Öl und Gas, sondern das Wasserproblem in den Griff zu bekommen.“
Experte Zumbrägel sieht die gewaltigen Baumpflanzprogramme skeptisch
Skeptisch sieht laut Zumbrägel auch die Regierungsinitiative, zehn Milliarden Bäume zu pflanzen. Für die Bewässerung würden riesige Wassermengen gebraucht. „Schon jetzt sieht man bei der Begrünung von Straßen in Riad: Diese Bäume werden 24 Stunden bewässert. Da sieht man schon, dass das eigentlich nicht in die richtige Richtung geht.“