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Moskau
Westliche Bodentruppen in der Ukraine? Putin droht mit Atomwaffen
In seiner Rede an die Nation reagiert Putin auf Gedankenspiele, Truppen aus Nato-Staaten in die Ukraine zu schicken. Und er kündigt Großes für die Zeit nach der Präsidentenwahl an.
Putin hält Rede zur Lage der Nation.jpeg       -  Wladimir Putin während seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation.
Foto: Sergei Savostyanov, Sputnik/dpa | Wladimir Putin während seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation.
Inna Hartwich
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:00 Uhr

Und er tut es wieder: Wladimir Putin droht mit Atomwaffen – und zielt damit mitten in die Diskussion in Europa, mitten in den Streit über den Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine, wie gewohnt von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angestoßen und vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz abgewiesen. „Alles, was sie sich derzeit einfallen lassen, womit sie die Welt erschrecken, schafft die reale Gefahr eines Konflikts mit dem Einsatz von Atomwaffen, was die Zerstörung der Zivilisation bedeutet“, sagt Putin am Donnerstag in seiner Rede zur Lage der Nation in Moskau. 

Mehr als 1000 Vertreter aus den beiden Parlamentskammern, Jugendorganisationen, auch Teilnehmer an Russlands „militärischer Spezialoperation“, wie der russische Überfall auf die Ukraine in Russland offiziell genannt wird, haben sich in der Ausstellungshalle Gostiny Dwor versammelt und applaudieren nach solchen Sätzen, fast schon in Sowjetmanier, ihrem Präsidenten zu. Mehr als zwei Stunden lang malt dieser ihnen in teils markigen Worten das Bild eines blühenden Russlands der Zukunft aus. Eines Landes, das unter dem Atomschild immer mehr Kinder zeugt, so seine Vorstellung, die – vom Militär aufgeklärt – für ein „starkes, souveränes Russland“ voller „Selbstständigkeit und Selbstgenügsamkeit“ sorgen sollen. Der Präsident will Zuversicht verbreiten, in einer Zeit, in der viele Menschen im Land kaum Zuversicht spüren. Die russische Mehrheit trägt zwar, wie Putin sagt, die „Spezialoperation“, doch sie ist ermüdet von den Entbehrungen, die diese mit sich bringt, und wendet sich in ihrer Gleichgültigkeit von der Realität ab. 

Putin verteilt soziale Wohltaten –woher das Geld kommen soll, sagt er nicht

Putin weiß das und verspricht soziale Wohltaten. „Bis 2030“ werde Russland die Armut gesenkt haben, neue Kindergärten und Schulen und Sportkomplexe gebaut haben, in „vaterländischen Fabriken“ alles produzieren, was das Land brauche, in der Wissenschaft „vaterländische Infrastruktur“ aufgebaut, sich endlich morscher Gebäude entledigt und alle Haushalte mit Gas versorgt haben. „Wir werden uns in überholendem Tempo entwickeln“, sagt Putin großspurig. Woher die Ressourcen kommen sollen, sagt er nicht. Putin, der in Russland seit mehr als 24 Jahren an der Macht ist, räumt ein, dass immer noch 13,5 Millionen Menschen im Land unterhalb der Armutsgrenze lebten. Vor allem Großfamilien seien davon betroffen. Bei etwa 30 Prozent der Großfamilien sei die finanzielle Lage prekär.

Russland müsse zusammenhalten, postuliert der Präsident. Das Feindbild des 71-Jährigen ist klar definiert: „Der Westen versucht, uns in ein Wettrüsten hineinzuziehen“, sagt er. Allen voran die USA seien „verlogen“ „verblendet“, „unvernünftig“. „Sie haben wohl vergessen, was ein Krieg ist. Wir aber sind durch solche Herausforderungen hindurchgegangen. Sie scheinen das alles für Zeichentrickfilme zu halten.“ Der Westen habe den Konflikt um die Ukraine einst entfacht, um Russland zu zerstören, behauptet Putin einmal mehr.

Im März stellt sich Putin der Wiederwahl

Er erinnert auch an den 10. Jahrestag der Krim-Annexion, als sich Russland 2014 die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel einverleibte. Das Land schaue heute mit Stolz auf das Ereignis und das Erreichte. Russland werde niemandem erlauben, sich in seine inneren Angelegenheiten einzumischen. Dafür habe die Rohstoffgroßmacht auch die Ressourcen. Es sind die üblichen Floskeln eines Mannes, der alles dem militärischen Kampf unterordnet. Es werde „alles für den Sieg“ getan. „Jeder muss in den Sieg investieren. Wir sind eine kolossale, alles besiegende Kraft, zusammen verteidigen wir die Freiheit“, ist seine Losung für den aufgezwungenen Zusammenhalt.

Putin ist im Wahlkampfmodus, auch wenn er gar nicht um seine Wiederwahl kämpfen muss. Kein oppositioneller Kandidat ist zugelassen zur Präsidentschaftswahl am 17. März. Trotzdem verteilt er Wahlgeschenke, erläutert sein „Nationalprojekt: Familie“. Als Maßnahmen stellt Putin soziale Hypothekenprogramme, höhere Steuerfreibeträge für Kinder und regionale Sozialprogramme vor, die aus dem föderalen Haushalt gestützt werden sollen. Der Mindestlohn solle von 19.000 Rubel (190 Euro) im Monat bis 2030 auf 35.000 Rubel (350 Euro) steigen. Durch die Verbesserung des Gesundheitswesens und Investitionen in Sport-Infrastruktur – so sollen 350.000 neue Sportanlagen in den nächsten Jahren entstehen – soll seinen Angaben nach die Lebenserwartung in Russland von derzeit 73 auf 78 Jahre bis 2030 steigen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Lebenserwartung für Männer bereits jetzt offiziellen Angaben nach bei über 78 Jahren, bei Frauen sogar bei mehr als 83 Jahren.

„Wir sind eine große Familie, ich glaube an unsere Siege, an unsere Zukunft“, sagt er vor sechs russischen Flaggen. Die Hymne ertönt.

 
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