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Raubkunst
Benin-Bronzen für immer unter Verschluss?
Eigentlich sollten die zurückgegebenen Skulpturen in einem Museum in Nigeria ausgestellt werden. Daraus aber wird nun möglicherweise nichts. Hat die Bundesregierung sich übertölpeln lassen?
Benin-Bronzen.jpeg       -  Die zurückgegebenen Benin-Bronzen wurden bei der Übergabezeremonie kurz  ausgestellt.
Foto: Olamikan Gbemiga/AP, dpa | Die zurückgegebenen Benin-Bronzen wurden bei der Übergabezeremonie kurz ausgestellt.
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:05 Uhr

Annalena Baerbock sparte nicht mit Pathos. "Die Kunst lebt in der Geschichte und die Geschichte lebt in der Kunst", zitierte die Außenministerin eine nigerianische Autorin, als sie im Dezember 20 der berühmten Benin-Bronzen in der Hauptstadt Abuja der Regierung in Nigeria anvertraute. Mit der Rückgabe der Raubkunst, fügte sie dann noch hinzu, arbeite Deutschland eines seiner dunkelsten Kapitel auf – was nicht nur materiell, sondern auch finanziell gemeint war. Sie freue sich, sagte die Grünen-Politikerin, den Bau eines Kunstpavillons finanzieren zu können "und Sie einzuladen, die Bronzen dort auszustellen".

Eine Königsfamilie mit schlechtem Ruf

Daraus aber wird nun möglicherweise nichts. Obwohl die Bundesregierung knapp fünf Millionen Euro für das Museum of West African Art bereitstellt, ist noch lange nicht klar, ob die Kunstwerke je dort zu sehen sein werden. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat der scheidende Präsident Nigerias, Mohammedu Buhari, die Bronzen an das Oberhaupt der königlichen Familie, Oba Ewuare II, übertragen. Damit hat der Oba Anspruch auf alle Kunstwerke, die 1897 bei einer britischen Strafexpedition im Königspalast von Benin geplündert wurden. Streng genommen ist er auch deren rechtmäßiger Eigentümer, allerdings keiner, mit dem sich eine deutsche Außenministerin gerne schmücken würde, weil die Königsfamilie einst in den Sklavenhandel verstrickt war und bis zu ihrer Unterwerfung durch die Briten berüchtigt für ihre Kriegsverbrechen, für Massaker und Menschenopfer war. Sie hat nun die alleinige Verfügungsgewalt über die Bronzen, der nigerianische Staat ist nur noch für deren Schutz und Sicherheit zuständig. 

Entsprechend wortkarg fallen nun auch die Reaktionen aus dem politischen Berlin aus, das sich für die Rückgabe groß hatte feiern lassen. Sie solle die Wunden der Vergangenheit heilen, sagte die Kulturstaatsministerin Claudia Roth damals , die mit Annalena Baerbock nach Nigeria geflogen war. Nun lässt sie ihren Sprecher ausrichten: "Wir werden gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt klären, was diese Maßnahme des scheidenden Präsidenten zu bedeuten hat." Dazu wollen wir mit der neuen nigerianischen Regierung ins Gespräch kommen, sobald diese im Amt ist. Richtig bleibt es aber nach wie vor, Raubkunst an die Staaten zurückzugeben, die heute die Menschen und Kultur repräsentieren, denen diese Kunst einst gestohlen worden sei.

Expertin: Ein Fiasko für die deutsche Politik

Bei den Benin-Bronzen handelt es sich um Tausende Artefakte aus dem Königreich Benin im heutigen Nigeria, die bei einer Palastplünderung durch britische Soldaten 1897 erbeutet wurden. Sie zeugen von einer hochentwickelten Kultur und sind deshalb einer der bedeutendsten Kunstschätze Afrikas, vor allem Metalltafeln oder Statuen, die hauptsächlich aus Kupfer gegossen wurden, einige bestehen aus Bronze. Zu den Bronzen werden aber auch Figuren und Masken gezählt, die aus Elfenbein, Holz, Leder oder Korallen geschnitzt wurden. Ihre Rückgabe an die Königsfamilie ist nach Informationen der Welt auch das Ergebnis eines politischen Tauschgeschäftes. Danach soll die nach wie vor einflussreiche Königsfamilie die Bronzen als Gegenleistung für die Unterstützung der Regierungspartei für sich reklamiert haben und dies schon Ende 2021 auch zugesagt bekommen haben – also bereits ein Jahr vor der Rückgabe der 20 deutschen Kunstwerke. 

Ob sie den Königspalast jemals noch verlassen, ob und wo sie möglicherweise doch noch ausgestellt werden können – das entscheidet nach dem Erlass der Regierung nun alleine Oba Ewuare II. Die Schweizer Ethnologieprofessorin Brigitta Hauser-Schäublin, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat, kann ihren Ärger darüber nur mühsam unterdrücken. "Für die deutsche Politik und die ihren Zielen dienenden Museumsleute", schreibt sie in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine, "endet die Rückgabe der Bronzen an das ni­ge­ria­nische Volk in einem Fiasko."

 
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