Hakan Fidan ist die Diskretion in Person. Der 55-jährige Politologe ist seit mehr als zehn Jahren einer der engsten Berater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Doch in der Öffentlichkeit hat er bisher fast immer geschwiegen. Das wird sich jetzt ändern. Erdogan hat ihn als Außenminister ins Kabinett geholt. Sein großer Vorteil ist seine Nähe zum Präsidenten: Fidans Wort wird bei Gesprächspartnern im Ausland mehr Gewicht haben als das seines Vorgängers Mevlüt Cavusoglu.
Der kurdisch-stämmige Politiker begann seine Karriere bei der türkischen Armee und arbeitete damals in Deutschland bei der Nato. Er studierte in den USA und in AnkaraPolitik und Internationale Beziehungen und leitete die türkische Organisation für Entwicklungshilfe. Unentbehrlich wurde Fidan für Erdogan, als er 2010 den GeheimdienstMITübernahm. Fidan führte geheime Gespräche mit Vertretern der kurdischen Terrororganisation PKK, um Chancen für eine friedliche Beilegung des Konflikts auszuloten. Später traf er den inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan. Doch Erdogan gab den Versuch einer Einigung mit den Kurden 2015 auf.
Fidan war eine Schlüsselfigur in der Außenpolitik der Türkei
Fidan geriet mehrmals ins Zwielicht. So soll er 2014 vorgeschlagen haben, von Agenten in Syrien türkisches Gebiet beschießen zu lassen, um einen türkischen Angriff zu rechtfertigen. Wann und was der Geheimdienstchef von den Putschplänen gegen Erdogan wusste, für die Ankara die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen verantwortlich macht, ist bis heute ungeklärt. In den vergangenen Jahren entführte sein Geheimdienst mehr als hundert Gülen-Anhänger aus dem Ausland in die Türkei.
Im Außenministerium wird Fidan bekannte Themen beackern. So ist er eine Schlüsselfigur der türkischen Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine. Fidan soll es auch gewesen sein, der bei Gesprächen der Türkei mit Finnland und Schweden eine Kompromissformel vorschlug, die Finnland trotz türkischer Bedenken den Beitritt zur Nato erlaubte. Schweden hofft auf der Basis des Papiers auf eine Aufnahme noch vor dem nächsten Nato-Gipfel im Juli. Fidan bestimmte auch die türkische Flüchtlingspolitik entscheidend mit und dürfte im Syrien-Konflikt eine Übereinkunft mit dem Regime in Damaskus anstreben, um die Rückkehr von hunderttausenden syrischen Flüchtlingen aus der Türkei in ihre Heimat zu ermöglichen.