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Bern
Die Wahl in der Schweiz bringt einen Rechtsruck
Die rechte SVP ist bei den Eidgenossen schon lange stärkste Kraft. Bei der Parlamentswahl hat sie noch zugelegt. Das Erfolgsmodell des AfD-Vorbilds ist ein Paradox: Sie ist Regierungs- und Protestpartei.
Anthony Anex, dpa.jpg       -  Milliardär Christoph Blocher gibt den Ton in der SVP an. Sie hat ihre starke Position bei den Wahlen ausgebaut.
Foto: Anthony Anex, dpa | Milliardär Christoph Blocher gibt den Ton in der SVP an. Sie hat ihre starke Position bei den Wahlen ausgebaut.
Jan Dirk Herbermann
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:11 Uhr

Die Schweiz rückt ein gutes Stück weiter nach rechts: Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei erzielte bei den Parlamentswahlen in Helvetien am Sonntag ein Glanzergebnis. Das geht aus ersten Hochrechnungen hervor, die der Sender SRF veröffentlichte. Danach stimmten 29 Prozent der Wählerinnen und Wähler beim Urnengang für den Nationalrat, die große Kammer, für die rechtspopulistische SVP. Gegenüber 2019 legte die Partei damit um mehr als drei Prozent zu und erhält laut einer zweiten Hochrechnung jetzt 61 der 200 Sitze im Nationalrat.

Die Sozialdemokraten (SP) gewannen leicht hinzu und erzielten mehr als 17 Prozent. Die Mitte-Partei (früher Christlichdemokratische Volkspartei) und die liberale FDP lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den dritten Platz, beide vereinigten jeweils knapp unter 15 Prozent auf sich. Die Grünen verloren erheblich und rutschten auf rund neun Prozent ab. Neben dem Nationalrat wählten die Eidgenossen auch den Ständerat neu, die Kammer der Kantone.

In der Schweiz sind weiterhin die Rechtspopulisten der SVP stärkste Kraft

Damit konnte die SVP, in der noch immer der Milliardär Christoph Blocher, 83, den Ton angibt, ihre Position als stärkste politische Kraft Helvetiens ausbauen. Die SVP gehört trotz ihrer oft brachialen Rhetorik, die auch auf Ausländer zielt, zu den etablierten Parteien, mit denen Politiker anderer Couleur traditionell kooperieren.

Wie wirkt sich die Wahl auf die Zusammensetzung der Regierung, den siebenköpfigen Bundesrat, aus? Beobachter erwarten, dass sich die sogenannte Zauberformel ändern könnte. Gemäß der Formel besetzen die SVP, die FDP und die Sozialdemokraten jeweils zwei Ministerposten und die Mitte-Partei einen. Falls die Mitte klar an der FDP vorbeizieht, wäre sie nach der Logik der Zauberformel berechtigt, zwei Kabinettsposten zu verlangen.

So funktioniert das politische System der Schweiz

Das Regierungsbündnis der größten Parteien soll politische Stabilität garantieren und sicherstellen, dass sich die meisten Bürgerinnen und Bürger vertreten fühlen. Im Dezember werden die beiden Parlamentskammern den nächsten Bundesrat wählen. Der Innenminister und diesjährige Bundespräsident Alain Berset (SP) und SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin sind die beiden dienstältesten Bundesräte, während Umweltminister Albert Rösti (SVP) erst unlängst in das Gremium einrückte. Im Unterschied zu den meisten anderen westlichen Demokratien stimmen die Schweizer Bürger über fast alle großen politischen Fragen an der Urne ab. Die Direkte Demokratie beschneidet die Macht der Regierung - daran ändert auch der SVP-Triumph nichts.

Mit welchem Rezept erzielte die SVP ihren Sieg? Die Volkspartei rückte die „unkontrollierte Zuwanderung“ und den „Missstand im Asylbereich“ in den Mittelpunkt ihrer Kampagne, in der sie eindringlich vor einer „Zehn-Millionen-Schweiz“ warnte. Mit ihrer Kampagne traf die SVP offensichtlich ins Schwarze. „Migration ist heute das Megathema in Europa“, analysiert der Historiker Urs Altermatt. Das Thema mobilisiere wie kein anderes die Anhängerschaft der SVP, erläuterte die Luzerner Zeitung. Die SVP fahre „im Schlafwagen zum Sieg“, prognostizierte das Blatt schon vor dem Wahltag.

Dabei kam der Partei zugute, dass im Sommer 2023 die Schweizer Bevölkerung erstmals auf mehr als neun Millionen Menschen wuchs. Vor allem Arbeitsmigranten sorgen für das Plus. In den vergangenen Jahren stiegen auch die Anträge auf Asyl stark an. Für 2023 rechnet die Regierung mit 27.000 neuen Gesuchen. Zudem flüchteten Zehntausende Menschen vor dem Krieg in der Ukraine in die Eidgenossenschaft. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi kündete eine härtere Gangart gegen die Zuwanderung an.

 
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