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Wien
Wichtiger Zeuge belastet Ex-Kanzler Sebastian Kurz
Thomas Schmid hat den Anspruch, Kronzeuge gegen den früheren Kanzler zu sein – jetzt sagte der einstmals enge Mitstreiter des früheren politischen Senkrechtstarters erstmals aus.
Fortsetzung des Prozesses gegen Österreichs Ex-Kanzler Kurz.jpeg       -  Thomas Schmid, ehemaliger Vorstand der Staatsholding Öbag und Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, vermeidet im Gerichtsaal Blickkontakt zu seinem früheren Chef.
Foto: Roland Schlager, dpa | Thomas Schmid, ehemaliger Vorstand der Staatsholding Öbag und Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, vermeidet im Gerichtsaal Blickkontakt zu seinem früheren Chef.
Werner Reisinger
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:43 Uhr

Ein Zusammentreffen mit seinem ehemaligen engen Vertrauten und Förderer Sebastian Kurz, das wollte Thomas Schmid offensichtlich vermeiden. Jener Mann, dessen Abertausende Chatnachrichten in einer von den Ermittlern wiederhergestellten Datenbank einen der größten Polit-Korruptionsskandale der österreichischen Geschichte ausgelöst und Sebastian Kurz schließlich das Kanzleramt gekostet hatten, huschte am Montagmorgen im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts an der Anklagebank vorbei, direkt zum Befragungsplatz, ohne Kurz und den ebenfalls angeklagten Bernhard Bonelli auch nur eines Blickes zu würdigen. Was Schmid dann bei seiner Einvernahme durch den Richter sagt, ist für viele Beobachter nicht neu – und für Sebastian Kurz dennoch belastend. 

Zur Erinnerung: Für Kurz und seinen ehemaligen Kabinettschef Bonelli geht es um mögliche Falschaussagen vor dem Parlament, konkret vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss. Im Zentrum steht die Frage, ob der ehemalige ÖVP-Kanzler an der Bestellung von Schmid zum Alleinvorstand der staatlichen Beteiligungsholding Öbag involviert gewesen war. Er sei nur informiert gewesen, hatte Kurz damals gesagt, doch die Ermittler wollen in Dutzenden Chatnachrichten eine zentrale Rolle von Kurz erkennen. Kurz und auch Bonelli haben sich im Prozess – es ist ein erster gerichtlicher Auftakt der umfangreichen Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) – für nicht schuldig bekannt.

Sebastian Kurz stellt Schmid als allzu ehrgeizig dar

Schmid habe in seinem Job selbstständig agiert, hatte Kurz im November vor Gericht ausgesagt und seinen ehemaligen Mitstreiter als allzu ehrgeizig dargestellt. „Kriegst eh' alles, was du willst“ – die inzwischen sprichwörtliche Chatnachricht von ihm an Schmid wollte Kurz so verstanden wissen, dass Schmid einfach den Hals nicht voll bekommen habe. 

Dem widerspricht Schmid am Montag fundamental. Ohne Kurz' Rückhalt hätte er den von ihm lange angestrebten Führungsjob nie bekommen, lautet Schmids Aussage zusammengefasst. Er wirkt bei seiner Einvernahme gefasst, ist offensichtlich bestens vorbereitet, seine Aussagen weichen kaum von jenen ab, die er gegenüber der Staatsanwaltschaft gemacht hatte: „Ich war mir sicher, ich hatte die Unterstützung von Sebastian Kurz.“ Auch bei der Bestellung der Aufsichtsräte der Öbag, die von Kurz' ÖVP-FPÖ-Koalition gänzlich neu aufgestellt worden war, sei Kurz bei jedem Schritt engsten eingebunden gewesen, beteuert Schmid. Die Abstimmungen mit Kurz und dessen Team im Kanzleramt seien „einem Veto-Recht gleichgekommen“, so Schmid, der damals Generalsekretär im ÖVP-geführten Finanzministerium war.

Heute will Schmid mit Ex-Kanzler Kurz "nichts mehr zu tun haben"

Heute lebt Schmid in den Niederlanden und mit Kurz wolle er „nichts mehr zu tun haben“, sagt er. Seine frühere Beziehung zu Kurz und Bonelli beschreibt Schmid als eng, vertrauensvoll und professionell, vor allem mit Gernot Blümel, unter Kurz Finanzminister, habe er ein besonders gutes Verhältnis gepflegt. Kurz habe ihn, Schmid, an der Öbag-Spitze „sehen wollen“, sagt Schmid. Das Kanzleramt bei Postenbestellungen zu übergehen, sei „denkunmöglich“ gewesen. „Sie haben sich nicht nur informieren lassen, sondern mitgeredet.“ 

Erst am späteren Nachmittag kommt die Verteidigung zu Wort – sie legt neue, bisher unbekannte Chats von Schmid mit Journalisten vor. Richter Michael Radasztics lässt diese Beweismittel nicht zu – die Herkunft der Chats sei unbekannt. Kurz' Verteidiger versuchen dennoch, Schmids Glaubwürdigkeit infrage zu stellen – schließlich hofft dieser nach wie vor auf einen Kronzeugenstatus im erwarteten Prozess wegen mutmaßlicher Korruption. Noch haben die WKStA-Ermittler nicht entschieden, ob Schmid wirklich Kronzeuge werden wird. 

 
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