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Wien
Schwere Panne beim Auszählen: SPÖ vertauscht Kandidaten
Der Machtkampf um die Spitze der SPÖ endet in einer unglaublichen Farce: Plötzlich ist Andreas Babler statt Hans Peter Doskozil neuer Parteichef. Eine Analyse.
Hans Peter Doskozil.jpeg       -  Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil jubelte nur kurz. Er war zu Unrecht zum neuen SPÖ-Chef erklärt worden.
Foto: Helmut Fohringer, dpa | Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil jubelte nur kurz. Er war zu Unrecht zum neuen SPÖ-Chef erklärt worden.
Werner Reisinger
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:41 Uhr

Immer wenn man meint, dieses Land könne nun wirklich nichts mehr liefern, was einen aus den Socken schmeißt, dann setzt Österreich noch eins drauf. Was am Montagnachmittag in Wien passierte, kann man tatsächlich nur als Farce beschreiben: Gegen drei Uhr nachmittags wurde in Journalistenkreisen bekannt, dass Hans Peter Doskozil, der erst am Samstag in Linz auf einem Sonderparteitag vermeintlich zum neuen SPÖ-Chef gewählt wurde, der kürzest dienende Vorsitzende der österreichischen Sozialdemokraten sein wird. Denn nicht er, der ehemalige Polizist und Landeshauptmann des Burgenlands, wurde in Wahrheit auf dem Parteitag von den in Linz anwesenden Delegierten zum SPÖ-Vorsitzenden gewählt, sondern sein Konkurrent, der Traiskirchner Bürgermeister und Hoffnungsträger der Parteilinken, Andreas Babler.

Es war der Kulminationspunkt einer von zahlreichen Pannen gezeichneten, monatelang dauernden Auseinandersetzung im Rennen um die SPÖ-Spitze, und das Chaos, in dem sich die immerhin größte Oppositionspartei nun befindet, ist einzigartig. Was also ist passiert? 

Technischer Fehler in den Excel-Listen: Die SPÖ kürt den falschen Sieger

Ins Rollen gebracht hatte alles ein ORF-Journalist, dem eine Unregelmäßigkeit bei den ausgezählten Stimmen auf dem Parteitag aufgefallen war. Eine Stimme fehlte im Ergebnis: Mit 316 zu 279 Stimmen, das hatte die Wahlleitung am Samstagnachmittag in Linz den Delegierten amtlich verkündet, habe sich Doskozil gegen Babler durchgesetzt – bei angeblich 596 gültigen Stimmen. Die Wahlkommission machte sich also auf die Suche nach der einen "fehlenden Stimme". 

Am Montag musste Michaela Grubesa, die Leiterin der Wahlkommission, dann vor die Journalisten treten, und was sie verkündete, kam einem Erdbeben gleich. Aufgrund eines "technischen Fehlers eines Mitarbeiters", so sagte Grubesa, seien in den Excel-Listen die Namen der beiden Kontrahenten "vertauscht" worden. Bedeutet: Die Stimmen wurden in die jeweils falschen Spalten eingetragen. Damit sei eben am Samstag nicht Doskozil, sondern Babler zum neuen SPÖ-Chef gewählt worden.

Ganz Österreich schüttelt den Kopf: Wie kann so ein Fehler passieren?

Das neue Ergebnis: 317 zu 280. Wie genau das passieren konnte, darüber schüttelt nun ganz Österreich den Kopf. Die einst so stolze österreichische Sozialdemokratie ist an einem nie da gewesenen Tiefpunkt angekommen, in den Reihen der Mitglieder und Funktionäre herrschen Wut, Unverständnis – und Scham. 

In den Stunden nach Grubesas Auftritt ging es Schlag auf Schlag: "Für mich ist das Kapitel Bundespolitik ein für alle Mal abgeschlossen", sagte Doskozil in einer Pressekonferenz. Er akzeptiere das Wahlergebnis und sprach von einem "Tiefpunkt der österreichischen Sozialdemokratie". Gleichzeitig gratulierte Doskozil seinem Gegner zum Sieg. Dass Doskozil, dessen zahlreiche Frontalangriffe gegen die scheidende Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner die Führungskrise der Partei erst ausgelöst hatten, nochmals die Auseinandersetzung mit Babler suchen wird, ist damit auszuschließen.

Der neugewählte Parteichef Babler verlangt eine erneute Auszählung

Der nun doch gewählte Parteilinke aber will auf Nummer sicher gehen: Er forderte seinerseits in einem Statement eine erneute, genaue Auszählung der am Parteitag abgegebenen Stimmen, verlangte Transparenz und Aufklärung. "Sollte das Ergebnis nach weiterer Überprüfung stimmen, dann werde ich das Amt, das mir übertragen wurde, auch übernehmen", sagte Babler. 

Wie es weitergeht, werden die Parteigremien entscheiden. Klar ist: Das Fiasko des Linzer Sonderparteitags wird die SPÖ noch Wochen beschäftigen, bis es zu einem Neuanfang kommen kann. Was in jener Stunde der Auszählung am Linzer Parteitag tatsächlich passiert ist – das muss auch Andreas Babler nun aufklären und transparent machen.

 
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