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Wien
Mal wieder im Zwielicht: Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka
Gegen den österreichischen Parlamentspräsidenten hagelt es Rücktrittsforderungen. Doch der ÖVP-Politiker klammert sich an sein Amt. In dieser Übung hat er bereits Erfahrung.
Werner Reisinger
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:51 Uhr

Es ist nicht das erste Mal, dass Wolfgang Sobotka mit einem Sturm der Entrüstung konfrontiert ist. Der ÖVP-Mann ist Präsident des Nationalrats und bekleidet somit das zweithöchste Amt in Österreich. Alle Parteien im Parlament, außer seiner eigenen, fordern entschieden seinen Rücktritt. Der Grund: Sobotka steht im Zentrum einer Enthüllung, die in der Alpenrepublik tagelang die Schlagzeilen dominierte. Über die Kronen Zeitung wurde kürzlich eine Audio-Aufnahme öffentlich – verdeckt per Handy aufgezeichnet in einem Wiener Nobel-Italiener im vergangenen Juli. 

An diesem Abend hatte sich Christian Pilnacek, ehemals Generalsekretär im Justizministerium und zu diesem Zeitpunkt wegen Vorwürfen des Amtsmissbrauchs suspendiert, bei reichlich Alkohol über die ÖVP ausgelassen. Pilnacek erzählte von häufigen Interventionsversuchen von ÖVP-Politikern auf laufende Korruptionsermittlungen – und stellte sich als jemand dar, der all die Wünsche der ÖVP an sich habe abprallen lassen. "Ein ÖVP Minister wollte nach einer Hausdurchsuchung, dass ich das abdrehe. Ich habe gesagt: Ich kann es nicht, ich mach’ es nicht, ich will es nicht. Sobotka sagt in jedem Gespräch, ich habe versagt, weil ich es nicht abgedreht hätte", ist Pilnacek zu hören. Ein paar Wochen später wird der ehemalige Spitzenbeamte tot in der Donau aufgefunden. Fremdverschulden, das steht inzwischen laut Obduktionsergebnis fest, kann ausgeschlossen werden. 

Die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht gegen Wolfgang Sobotka

Er habe die Audio-Aufzeichnung nach Pilnaceks Tod an die Medien gespielt, weil der frühere Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei seiner Aussage vor Gericht im Oktober versucht habe, Pilnacek als Opfer von Opposition und Staatsanwaltschaften, die ihn im Visier gehabt hätten, auf ihn zu benutzen, sagte jener Unternehmer, der an jenem Abend im Juli auf die Aufnahmetaste gedrückt hatte. Nun sind in Österreich alle Augen auf Sobotka gerichtet – doch dieser weigert sich, zurückzutreten. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit einen Anfangsverdacht gegen den Spitzenpolitiker – wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch. 

Der 67-jährige Niederösterreicher gilt nicht nur als unbeliebtester Politiker des Landes, sondern auch als Mann fürs Grobe in der ÖVP. Als sich Sebastian Kurz 2017 anschickte, gegen den damaligen Parteichef Reinhold Mitterlehner zu putschen, war Sobotka Innenminister und tat alles, um die damalige Große Koalition und SPÖ-Kanzler Christian Kern zu destabilisieren. Frei von Skrupeln agierte Sobotka auch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der 2022 mögliche ÖVP-Korruption aufklären sollte. Der Ex-Innenminister ließ im Ausschuss-Saal die Tonanlage so umprogrammieren, dass er von seinem Platz aus die Mikrofone der Parlamentarier ein- und ausschalten konnte. Sobotka führte als Nationalratspräsident den Vorsitz im U-Ausschuss – obwohl er selbst als Auskunftsperson im Zentrum der Befragungen stand. Auch hier ließ der achtfache Familienvater jede Aufforderung, den Vorsitz wegen Befangenheit abzugeben, an sich abprallen. Im Gegenteil: Offen agierte Sobotka aus der Vorsitzrolle heraus für die Auskunftspersonen aus seiner Partei, darunter auch Sebastian Kurz. 

Vor Hausdurchsuchungen gegen Kurz-Mitstreiter gab es Telefonate

Aufgrund von Ermittlungen gegen Pilnacek wegen möglichem Amtsmissbrauch ist bekannt, dass Sobotka und Pilnacek tatsächlich rund um Hausdurchsuchungen bei Kurz-Mitstreitern und ÖVP-Politikern mehrmals miteinander telefoniert hatten. Dennoch hält der Kanzler seinem Mann fürs Grobe weiter die Stange: "Um Politik zu machen, wird die Totenruhe gestört. Christian Pilnacek kann sich hierzu nicht mehr äußern", sagte Karl Nehammer vergangene Woche vor Journalisten. "Und ja, Wolfgang Sobotka hat mein Vertrauen." 

 

 
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