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München
Hohe Kosten: Bayerns Kliniken senden Notruf
Vielen Krankenhäusern droht das Aus. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek ruft den Kanzler zum Handeln auf.
Operationssaal.jpeg       -  Die bayerischen Krankenhäuser warnen vor Insolvenzgefahr.
Foto: Maurizio Gambarini, dpa | Die bayerischen Krankenhäuser warnen vor Insolvenzgefahr.
Michael Pohl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:29 Uhr

Die bayerischen Krankenhäuser schlagen Alarm: Die hohe Inflation und das Auslaufen von Bundeshilfen könnte auch in Bayern zu einer Insolvenzwelle führen. Bundesweit fordern Krankenhäuser und Klinikbeschäftigte an diesem Mittwoch bei einem Protesttag mehr Geld vom Bund. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fordert angesichts eines drohenden Kliniksterbens ein Machtwort des Bundeskanzlers. 

Holetschek fordert Kanzler zum Eingreifen gegen Kliniksterben auf

„Ich rufe Bundeskanzler Olaf Scholz auf, die Krankenhausfinanzen zur Chefsache zu machen und als Teil seines Deutschland-Paktes voranzutreiben“, sagte der CSU-Minister unserer Redaktion. Der Kanzler müsse SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach und FDP-Finanzminister Christian Lindner an einen Tisch bringen, um eine tragfähige Lösung für die dramatische finanzielle Schieflage der Krankenhäuser zu finden. „Die Situation ist inzwischen wirklich höchst besorgniserregend“, warnte Holetschek. „Wir laufen Gefahr, dass viele Kliniken in die Insolvenz schlittern, weil sie die laufenden Betriebskosten nicht mehr decken können.“ 

Laut dem Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Roland Engehausen, ist es allein im ersten Halbjahr bundesweit zu 19 Insolvenzen von Krankenhausgesellschaften mit insgesamt 32 Kliniken gekommen. „Aber das war erst der Anfang“, warnt er. „Überall in den Kliniken stellt man sich die bange Frage, ob der Krankenhausträger noch einen zusätzlichen Zuschuss gibt, damit es angesichts hoher Defizite weitergehen kann, oder ob der Gang zum Insolvenzverwalter droht.“ 

Kirchliche Klinikträger leiden am meisten: Zwei Insolvenzen in Bayern

Besonders gemeinnützige soziale oder kirchliche Träger spürten die Krise besonders hart. In Bayern beantragten das Rotkreuzklinikum München, als eine der wichtigsten Geburtskliniken der Stadt, und die Rotkreuzklinik in Lindenberg am Bodensee ein Schutzschirmverfahren als besondere Form eines Insolvenzverfahrens. 

Viele der rund 350 bayerischen Krankenhäuser sind in kommunaler Hand, wo bereits jetzt der Druck auf Städte und Landkreise massiv steigt, hohe Defizite auszugleichen. Denn Kliniken sind gezwungen, Finanzpläne im Voraus aufzustellen. „Im Moment bekommen Kliniken keine Wirtschaftspläne mehr für 2024 durch, was am Ende je nach Rechtsform einen Insolvenzantrag zur Folge hätte“, warnt Engehausen. „Da nützt dann auch die geplante Krankenhausreform nichts mehr, die vielleicht 2026 oder 2027 wirken könnte.“ 

Krankenhäuser fordern Reform der Krankenkassenfinanzierung

Die Krankenhausträger können wegen sogenannter Kostendämpfungsgesetze ihre Preise nicht erhöhen oder mehr Geld von den Krankenkassen verlangen. Für die Kliniken sind nicht nur die Energiekosten und Preise für medizinische Produkte massiv gestiegen, kommendes Jahr stehen laut Tarifverträgen deutliche Lohnerhöhungen an. „Der Bund muss sich ehrlich machen und die auskömmliche Finanzierung der nachgewiesenen Kostensteigerungen ab 2022 über die Krankenkassen ermöglichen“, fordert Engehausen. Die Kliniken hätten trotz Sparmaßnahmen im Schnitt ein Defizit von vier Prozent: Bei den über zwölf Milliarden Euro, die für die stationäre Versorgung im Freistaat aufgewendet werden, fehlt ihnen damit rund eine halbe Milliarde Euro. 

Engehausen warnt vor einem Kliniksterben vor allem in Ostdeutschland, aber auch in Bayern. „Ein solcher kalter Strukturwandel durch unterlassene Finanzierung des Bundes ist kein akzeptabler Umgang mit der über Jahrzehnte gewachsenen Daseinsvorsorge in Deutschland“, kritisiert er. „Ich war gerade in Niederbayern. Da sind jetzt zwei Kliniken in Gefahr, die 1850 und 1876 gegründet wurden und alle Wirren der deutschen Geschichte überstanden haben, wenn sie keine Perspektive bekommen.“ 

Landkreise wehren sich gegen zusätzliche Milliardenkosten

Auch der Deutsche Landkreistag warnt vor einem Schaden für die Gesundheitsversorgung. „Ein ungesteuertes Kliniksterben darf von der Bundespolitik nicht hingenommen werden“ , betont Präsident Reinhard Sager. „Die hohe Inflation und die Personalkostensteigerungen werden nicht im Geringsten gedeckt“, kritisiert er. „Der Bund muss dringend handeln“, betont Sager. „Die Landkreise sind jedenfalls weder bereit noch in der Lage, weiterhin in Milliardenhöhe Stützungsleistungen allein für eigene Krankenhäuser aus eigenen Haushaltsmitteln bereitzustellen.“

Der Vorstandschef der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft, Gerald Gaß, warnt im Interview mit unserer Redaktion vor einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung insbesondere auf dem Land. „Gerade in ländlichen Regionen übernehmen die Krankenhäuser zunehmend nicht nur die Notfallversorgung, sondern auch zahlreiche Aufgaben des dort immer stärker wegbrechenden niedergelassenen Sektor.“ 





 
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