Herr Klüpfel, Sie haben in den 90er-Jahren in Bamberg Politik studiert. Hat sie das Fach so interessiert oder wussten Sie nicht so recht, was sonst?
Klüpfel : Nein, ich wusste genau, was ich werden will, nämlich Journalist. Also das war das erklärte Ziel, und ich dachte, Politikwissenschaft wäre eine gute Grundlage für den Beruf, zusätzlich habe ich noch Kommunikationswissenschaft studiert. Ich sah mich schon als Auslandskorrespondent für wichtige Themen.
… wobei Sie dann in der Kultur gelandet sind.
Klüpfel : Was mir auch viel mehr Spaß gemacht hat. Tagespolitik, gerade auch in der Zeitung, ist wahnsinnig kurzlebig. Aber was bleibt, ist doch das, was darunterliegt: nämlich die Kultur, die uns verbindet.
Mit welcher Note haben Sie die Uni eigentlich abgeschlossen?
Klüpfel: 2.0. Ich würde sagen, ganz okay.
Die Frage diente natürlich als Vorlage für diese: Welche Note würden Sie der derzeitigen bayerischen Regierung geben?
Klüpfel : Das größte Problem erscheint mir gerade, dass alles auseinanderdriftet. Der Konsens im politischen System, der früher da war, erodiert. Und wenn das eine aktuelle Regierung weiter vorantreibt und es nicht schafft, die Menschen hinter sich zu vereinen, dann kann ich ihr nur eine schlechte Note ausstellen. Die Frage ist natürlich, was ist das richtige Mittel. Sich gegenüber Radikalen abgrenzen oder die Hand ausstrecken in alle Richtungen? Schwierig. Aber dass das, was ja gerade auch CSU und Freie Wähler gerne machen, in diesen ultrakonservativen Bereichen zu fischen, sieht man ja. Die AfD legt zu ohne Ende, und die anderen schrumpfen.
Kommen wir zur Literatur, Ihrem jetzigen Berufsfeld. Was haben Politiker und Romanfiguren gemeinsam? Eignet sich da jemand aus dem aktuellen politischen Personal?
Klüpfel : Eine gute Romanfigur ist vielschichtig, ein facettenreicher Charakter mit Tiefe. Das ist ja in der Politik – zumindest in der Außenwirkung – gar nicht so gefragt. Man schreit immer nach Persönlichkeiten, aber im Endeffekt ist es so: Politiker haben eine gewisse Funktion, erfüllen eine Aufgabe, da geht es ja nicht darum, möglichst kompliziert zu sein, sondern schon aus Marketinggründen eher einfach. Und das ist ja nicht das, was eine Romanfigur interessant macht. Als Romanfigur würden sich Politiker nur eignen, wenn man sie dann fiktional mit dieser Vielschichtigkeit versieht.
Im letzten Kluftinger-Krimi „Affenhitze“ verschaffen Sie und Ihr Kollege Michael Kobr einem bayerischen Ministerpräsidenten einen Auftritt, der starke Ähnlichkeit mit dem amtierenden hat. Der hält eine recht frische Leiche auf den ersten Blick für den versteinerten Knochen eines Menschenaffen. Das zu schreiben, hat aber schon sehr großen Spaß gemacht, oder?
Klüpfel : Auf jeden Fall. Aber das ist ja der Politikbetrieb, den wir da zeigen: Der Politiker, der in seiner Funktion als Repräsentant etwas eröffnet, und alle scharwenzeln um ihn herum. Wir haben da zwar den Spitzenpolitiker Bayerns porträtiert, aber die Szene an sich ist ja null politisch. Wobei das Buch, viele unserer Bücher, politischer sind, als man uns vielleicht zugestehen würde. Allein dadurch, dass wir eine Lebenswirklichkeit schildern, in der zum Beispiel auch Flüchtlinge vorkommen. Das hat uns übrigens auch Leser gekostet, die gesagt haben, das will ich hier nicht auch noch lesen, ich will von euch nicht indoktriniert werden.
Literatur und Politik – eine Art Gretchenfrage. Wie halten Sie es beziehungsweise wie politisch soll oder darf Ihrer Ansicht nach Literatur sein?
Klüpfel: Es gibt Literaten, die sich als politische Schriftsteller verstehen, das finde ich auch gut. Ich aber habe dieses Sendungsbewusstsein nicht. Nicht jede Literatur muss politisch sein. Aber auch Unterhaltungsliteratur wird es manchmal zwangsläufig, eben weil man Realität beschreibt. Die Frage ist natürlich, kann man Veränderung durch Kunst und Kultur bewirken? Das ist, glaube ich, eher schwierig.
Sie waren auch schon einmal als Wahlhelfer bei einer Landtagswahl dabei. Was erfährt man da über die Wählerinnen und Wähler?
Klüpfel : Das ist ja schon ein paar Jahre her und wahrscheinlich ist es heute nicht mehr so. Aber ich fand es toll, dass die Leute teilweise ihre Sonntagsklamotten angezogen haben, um zum Wählen gehen. Die haben diesen Akt als etwas Bedeutendes empfunden. Ich konnte da zusehen, wie Demokratie auf so eine ganz persönliche Weise funktioniert. Ich habe mich damals übrigens im Nachhinein über eine Stimme, die ich vergeben hatte, geärgert. Das wollte ich dann beim Auszählen eigentlich korrigieren, aber das habe ich mich dann doch nicht getraut. Wenn da nachher was nicht stimmt, muss man ja alles noch mal nachzählen.
Apropos Koalition: Michael Kobr, mit dem sie gemeinsam seit vielen Jahren schreiben, legt nun mit „Sonne über Gudhjem“ seinen ersten Singlekrimi vor. Sie hatten solo bereits das Theaterstück „Wir Räuber“ für die Freilichtbühne in Altusried geschrieben. Wie steht es um Ihre Schreibkoalition?
Klüpfel : Die Koalition wird sich in einer konstituierenden Sitzung nach den Ferien zusammenfinden für einen neuen Kluftinger-Roman.
Erscheint von Ihnen demnächst aber auch ein erster Roman im Alleingang?
Klüpfel: Ich werde auch ein Solobuch schreiben, auch im Bereich Krimi, allerdings ohne Kommissar. Der Roman wird aber mutmaßlich erst im Frühjahr 2025 erscheinen.
„In Bayern lebt es sich einfach besser“, „Hol dir deine Zukunft zurück“, „Anpacken für Bayern“, „Servus Zukunft„, „Bezahlbares Bayern – mit sozialer Politik für Dich“, „Bayern – aber sicher“ – das sind Wahlkampfslogans bayerischer Parteien. Sie als Mann des Wortes treffen Sie doch bitte zum Abschluss Ihre Wahl: Welcher ist am griffigsten?
Klüpfel : Das ist mir alles zu unkonkret. Ich habe jetzt eigentlich erwartet, dass noch „Bayern holareidulijö“ kommt. Weil, da ist dann wirklich alles drin. Also wenn das eine Partei von mir kaufen möchte, ich bin zu Gesprächen bereit.