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Kommentar
So schaffen wir das nicht mit der Migration
Deutschland schlittert sehenden Auges in eine neue Flüchtlingskrise. Migration aber wird auf Dauer nur akzeptiert, wenn sie beherrschbar bleibt.
Deutsch-polnische Grenze.jpeg       -  Kanzler Olaf Scholz (SPD) stellt mögliche zusätzliche Maßnahmen an der Grenze zu Polen in Aussicht.
Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild, dpa | Kanzler Olaf Scholz (SPD) stellt mögliche zusätzliche Maßnahmen an der Grenze zu Polen in Aussicht.
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:26 Uhr

Joachim Gauck ist ein Mann, der seine Worte besonnen wägt und nicht zum Alarmismus neigt. Mitten in der Flüchtlingskrise 2015 warnte der damalige Bundespräsident deshalb noch vergleichsweise zurückhaltend davor, in der Euphorie über die deutsche Willkommenskultur die Probleme auszublenden, die ihr folgen würden: „Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Heute klingt der gleiche Gauck bereits deutlich besorgter, wenn er von Kontrollverlust spricht und einen weiteren Rechtsruck befürchtet.

Dänemark fährt einen rigiden, aber erfolgreichen Kurs

Bürgermeister, die Turnhallen oder Impfzentren in Übergangsquartiere umwandeln, Containerdörfer auf Festplätzen, am Widerstand der Menschen vor Ort gescheiterte Bauvorhaben für neue Unterkünfte: Als habe die Politik nichts gelernt, schlittert Deutschland sehenden Auges in eine neue Flüchtlingskrise. Dass die nicht allein mit deutschen Mitteln zu bewältigen ist, solange die Außengrenzen der Europäischen Union so durchlässig sind, versteht sich von selbst. Deshalb aber können die Regierungen in Bund und Ländern die Dinge nicht einfach geschehen lassen. 

Mehr Konsequenz beim Abschieben abgelehnter Bewerber, schnellere Asylverfahren, mehr Kontrollen an den Grenzen und nach der Republik Moldau und Georgien auch die Türkei auf die Liste sicherer Herkunftsstaaten setzen: Migration wird nur akzeptiert, wenn sie beherrschbar bleibt. Und hier haben die nationalen Regierungen großen Gestaltungsspielraum – man denke nur an Dänemark, das mit seinem rigiden Kurs die Zahlen niedrig und die Rechtspopulisten klein hält.

Deutschland dagegen nimmt die Migration als etwas Gottgegebenes an, das sich kaum steuern, sondern allenfalls verwalten lässt. Mit teilweise grotesken Ergebnissen: So bezahlt die Bundesregierung Tunesien inzwischen dreistellige Millionenbeträge, damit das Land seine Grenzen schützt und die Mittelmeerküste sichert, nimmt gleichzeitig aber weiterhin Flüchtlinge auf, die von Tunesien aus die italienische Insel Lampedusa ansteuern. Dass davon am Ende nur die AfD profitiert, liegt auf der Hand. Wenn 84 Prozent der Bundesbürger der Meinung sind, dass zu viele Menschen kommen, darf man sich über Umfragewerte von deutlich über 20 Prozent für die Höcke-Jünger nicht wundern. 

Praktisch jeder, der es nach Deutschland schafft, darf auch bleiben

Deswegen muss niemand das Asylrecht generell infrage stellen. Wer aus politischen oder religiösen Gründen in seinem Heimatland verfolgt wird, muss in Deutschland weiter Schutz und Sicherheit finden. Wer nur der Armut entfliehen will und sich hier ein besseres Leben erhofft, ist dagegen kein Fall für das Asylrecht. Genau daran aber krankt die deutsche Migrationspolitik, der es nicht gelingt, sauber zwischen der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und der Aufnahme von politisch Verfolgten oder Bürgerkriegsflüchtlingen wie denen aus der Ukraine zu trennen. So darf praktisch jeder, der es bis hierher schafft, auch bleiben. 

Die Pandemie, der Krieg und die Inflation haben die Probleme mit der Migration zuletzt überlagert. Nun kehren sie umso heftiger zurück – und verlangen von der Politik eine Antwort auf die Frage, wie viele Menschen Deutschland eigentlich aufnehmen kann, ohne sich selbst zu überfordern. Mit den geplanten Lockerungen beim Staatsbürgerschaftsrecht und dem Familiennachzug von Flüchtlingen aber gehen die Ampel-Parteien genau den gegenteiligen Weg. Im Glauben, besonders fortschrittlich zu sein, forcieren sie Migration, anstatt sie zu begrenzen. Angela Merkels berühmtes „Wir schaffen das“ verkehrt sich so ins Gegenteil.

 
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