Auf den ersten Blick ist die Idee einer Arbeitspflicht für Migrantinnen und Migranten womöglich nachvollziehbar. Der erste Gedanke kann durchaus sein: Wer nach Deutschland kommt und hier staatliche Leistungen bezieht, soll bitte schön dafür eine Gegenleistung erbringen, das ist doch nur gerecht. Wenn man den Vorstoß jedoch ein wenig sacken lässt, kommen Zweifel an der Sinnhaftigkeit und der Rechtmäßigkeit auf.
Die Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten sind keine Wirtschaftsflüchtlinge
Wer nach Deutschland flüchtet, tut das nicht aus einer Laune heraus. Die Menschen fliehen vor Krieg und Hunger, vor Dürre und Krankheit. Die Frauen, Männer und Kinder sind oft traumatisiert, der Krieg in der Ukraine hat dieses Leid ganz nah an Deutschland herangetragen. Und diesen Menschen will man allen Ernstes eine Schaufel in die Hand drücken und sie auffordern, die Rabatten zu pflegen?
Es handelt sich bei der Mehrzahl der Migrantinnen und Migranten auch nicht um Wirtschaftsflüchtlinge. Diese Mär – CDU und CSU sprechen gerne von einer „Einwanderung in die Sozialsysteme“ – hält sich hartnäckig, ist aber durch Zahlen nicht belegt. Die Wahrheit ist: Viele Geflüchtete arbeiten nicht, würden es aber gerne tun. Ihr Tatendrang wird durch die Bürokratie oder mangelnde Deutschkenntnisse gebremst. Es braucht also keine Arbeitspflicht, sondern weniger Hürden und mehr Förderung auf dem Weg hin zu einem Arbeitsplatz.
Zwangsarbeit gibt es in Deutschland nicht
Dann bleiben sicherlich ein paar Menschen übrig, die nicht arbeiten wollen, obwohl sie es könnten. Die gibt es aber nicht nur in der Gruppe der Geflüchteten. Die Landräte der Union könnten sich hier ruhig ehrlich machen und zugeben, dass sie an diesen Personenkreis nicht herankommen. Es spricht Bände, dass sie es stattdessen bei hilf- und wehrlosen Migrantinnen und Migranten versuchen.
Was sie zudem verschweigen: Zwangsarbeit gibt es in Deutschland nicht, das gilt auch für gemeinnützige Arbeit. Leistungen können zum Zwecke der Sanktionierung gekürzt werden, aber nur auf ein bestimmtes Minimum – das die meisten Geflüchteten ohnehin nur bekommen.
Der Vorstoß der Landräte hätte Charme, wenn er eine Arbeitsaufnahme unter dem Aspekt der Hilfestellung betrachten würde. Der sogenannte Ein-Euro-Job verfolgt diesen Ansatz, er soll den Weg ins Berufsleben ebnen. Darum geht es hier aber nicht. Sondern um die Haltung, dass die, die nach Deutschland kommen, dafür gefälligst arbeiten sollen. Der Vorwurf, dass es sich um eine populistische Forderung handelt, ist berechtigt.