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Kommentar
Die SPD ist eine Partei auf der Suche nach sich selbst
Ab Freitag trifft sich die SPD zum Parteitag. Die Sozialdemokratie steckt in einer tiefen Krise. Das hat nicht nur, aber auch mit dem Kanzler Olaf Scholz zu tun.
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Foto: Christoph Schmidt, dpa (Symbolbild) | Das Logo der SPD ist zu sehen.
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:45 Uhr

Es läuft nicht gut für die SPD. In den zwölf Jahren als Juniorpartner der Union haben viele Spitzengenossen schlechte Umfragen und Wahlergebnisse mit der Dominanz von Angela Merkel erklärt, die weit ins sozialdemokratische Milieu hinein wirke und neben der die SPD verkümmere. Nun allerdings stellt die älteste Partei Deutschlands selbst wieder den Kanzler – und krebst trotzdem bei Werten zwischen 14 und 17 Prozent herum.

Die SPD stellt zwar den Kanzler, doch wofür sie in der Regierung steht, bleibt seltsam diffus

Olaf Scholz, so viel kann man sagen, schadet seiner Partei nicht wirklich – aber er nutzt ihr auch nicht. Einen Kanzlerbonus jedenfalls hat die SPD nicht. Das liegt, natürlich, auch an den Fliehkräften in seiner Koalition, die deutlich stärker sind als in den Regierungen von Gerhard Schröder oder Angela Merkel. Das liegt aber auch an der Rolle der SPD in dieser Koalition, die zwar formal die stärkste Kraft in der Ampel ist, nach außen aber nicht als solche wahrgenommen wird. Im Gegenteil. Wofür die Partei steht, welchen Plan sie für das Land hat, bleibt auch nach zwei Jahren mit Scholz als Kanzler seltsam diffus. Fast scheint es so, als seien der Regierungschef und die SPD schon damit zufrieden, wenn sie die Koalition die vollen vier Jahre zusammenhalten können.

Beim Parteitag in Berlin wird die SPD von diesem Freitag an zwar das Bild einer durch und durch sozialdemokratischen Partei zeichnen, die neue, gut bezahlte Jobs schafft, die Reiche höher besteuert und den Standort Deutschland stärkt. Im politischen Alltag der Ampelkoalition aber ist von diesen Ambitionen wenig zu spüren. Während die Grünen dem Klimaschutz fast alles unterordnen und die FDP fest auf der Schuldenbremse steht, hat die SPD mit Ausnahme des kräftig erhöhten Mindestlohnes kein Herzensprojekt mehr. Sozialminister Hubertus Heil kämpft zwar wacker für das Bürgergeld und die geplante Erhöhung um zwölf Prozent zum Jahreswechsel. In der arbeitenden Mitte, eigentlich ja die Kernklientel der SPD, aber wird er damit kaum punkten können. Sie bezahlt mit ihren Steuern das Bürgergeld und stellt völlig zu Recht die Frage, ob diese Art der Alimentierung am Ende nicht die Falschen begünstigt – nämlich die, die gar nicht mehr arbeiten wollen.

SPD sollte den Forderungen der Gewerkschaft nach kürzeren Arbeitszeiten bei vollem Lohn entgegentreten

Als Partei der Arbeit aber muss die SPD einen anderen Anspruch haben. Den Anspruch, Arbeitslose möglichst rasch zurück in Arbeit zu bringen. Den Anspruch, dass Arbeit in Deutschland bezahlbar bleibt und nicht immer mehr Unternehmen abwandern. Und, nicht zu vergessen: den Anspruch, das Beschäftigte am Ende eines langen, oft harten Berufslebens auch eine halbwegs auskömmliche Rente erhalten. Moderne Sozialpolitik darf sich nicht nur auf das Umverteilen von oben nach unten konzentrieren. Um überhaupt etwas umverteilen zu können, gehört zu einer modernen Sozialpolitik auch eine Wirtschaftspolitik, die Unternehmer nicht als Klassenfeind begreift, sondern als Partner. Das hieße im Fall der SPD: den Forderungen der Gewerkschaften nach weiteren Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich beherzt entgegen zu treten, auf weitere Belastungen für die Wirtschaft zu verzichten und die Höhe des Sozialetats nicht als Benchmark für den Erfolg von sozialdemokratischer Politik zu betrachten.

Scholz ist ein Mann der Mitte, keine Frage. Aber ist die SPD noch eine Partei der Mitte? „Wir werden dieses Land verändern“, hat Parteichefin Saskia Esken, eine stramme Linke, vor ihrer Wahl im Dezember 2021 gesagt. Den meisten Menschen in Deutschland aber wäre etwas weniger Veränderung und etwas mehr Kontinuität lieber. 

 
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