Trotz massiver Proteste hat Japan mit der umstrittenen Einleitung gefilterten und verdünnten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima ins Meer begonnen. Das gab der Betreiberkonzern Tepco am Donnerstag bekannt. Dieser leitete den ersten Schub an aufbereitetem Wasser in einen hierfür in den Pazifik gebauten, einen Kilometer langen Tunnel ein.
Im März 2011 war es im AKW Fukushima Daiichi in Folge eines schweren Erdbebens und gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen. Seitdem müssen die Reaktoren mit Wasser gekühlt werden, das in mehr als 1000 Tanks gelagert wird. Inzwischen handelt es sich um über 1,3 Millionen Tonnen.
Fukushima: Platz für Kühlwasser-Tanks geht aus
Nach Angaben von Tepco geht nun der Platz für die Tanks aus. Eine langfristige Lagerung auf den Gelände könnte zudem die Stilllegungsarbeiten an der Atomruine behindern. Auch könnten Lecks entstehen. Voraussichtlich wird die Verklappung der riesigen Wassermengen etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen. Bis Ende März 2024 will der Konzern insgesamt 31.200 Tonnen des aufbereiteten Kühlwassers in vier Schüben ins Meer ableiten, berichtete die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun.
Das belastete Kühlwasser wird vor der Einleitung ins Meer zwar aufbereitet, doch das Filtersystem kann das radioaktive Isotop Tritium nicht herausfiltern. Deshalb verdünnt Tepco das Wasser so weit mit Meerwasser, dass die Tritiumkonzentration auf 1500 Becquerel pro Liter sinkt, was dem Betreiber zufolge weniger als einem Vierzigstel der nationalen Sicherheitsnorm entspricht. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte der Verklappung zugestimmt und erklärt, Japan erfülle die internationalen Sicherheitsstandards. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien "vernachlässigbar".
Fukushima-Kühwasser wird ins Meer geleitet: Kritik von Fischern und Umweltschützern
In den kommenden vier Wochen will Japans Fischereibehörde jeden Tag Meeresfrüchte auf radioaktives Tritium hin untersuchen. Innerhalb von zwei Tagen sollen die Testergebnisse veröffentlicht werden. Die Proben werden an zwei Stellen in einem Gebiet mit einem Radius von zehn Kilometern um die Atomruine herum genommen. In dieser Entfernung zur Atomanlage meiden Japans Fischer bereits freiwillig Fanggründe. Bis zuletzt sprachen sie sich gegen die Verklappung des Kühlwassers im Ozean aus.
Die Fischer versuchen sich seit dem Super-Gau 2011 von den Geschäftseinbußen durch das Desaster zu erholen. Sie befürchten nun, dass der Ruf ihrer Meeresprodukte erneut beschädigt wird. Kritik kommt auch von Umweltschützern und Nachbaarstaaten wie China. Sie forderten Japan vergeblich auf, das Wasser nicht ins Meer zu leiten.
Als Reaktion hat China nun die Einfuhr von Fischereiprodukte aus Japan gestoppt. Der chinesische Staatssender CCTV zitierte am Donnerstag aus einer Mitteilung der Zollbehörde in Peking, wonach die Einfuhr solcher Produkte aus Japan ab sofort gestoppt werde. Außerdem würden weiterhin strenge Kontrollen bei der Einfuhr japanischer Lebensmittel durchgeführt.
Fachleute verweisen aber darauf, dass die Ableitung belasteten Kühlwassers aus Atomkraftwerken weltweit Routine ist. Laut Kritikern handle es sich im Falle Fukushimas aber um kein normal funktionierendes AKW, sondern um zerstörte Reaktoren als Zeugnis der schlimmsten Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986. (mit dpa)