Als Fumio Kishida am Sonntagnachmittag im Friedenspark von Hiroshima stand, strotzte er vor Ruhe und Überzeugung. "Bei diesem Gipfel haben wir die schwierige Sicherheitssituation diskutiert", erklärte der japanische Premierminister bei seiner Abschlussrede. "Die G7-Staaten haben sehr deutlich und direkt miteinander gesprochen." Und man sei sich weiterhin einig, dass jeder Versuch, den Status Quo durch Zwang zu ändern, nicht toleriert werde. Alles in allem gehe ein "historischer Gipfel" zu Ende.
Historisch war dieser Gipfel der G7 – dazu gehören neben dem diesjährigen Gastgeber Japan noch die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Italien sowie zusätzlich die EU– tatsächlich in einiger Hinsicht. Schon deshalb, weil er in Hiroshima stattfand: In dieser Stadt fiel am 6. August 1945 die erste in einem Krieg eingesetzte Atombombe und verwüstete die Stadt. Und an diesem Ort, der sich seither für nukleare Abrüstung einsetzt, haben die G7-Staaten nicht nur den Wunsch geäußert, eine Welt ohne Atomwaffen herbeizuführen.
Gleichzeitig haben sie ihrer zunehmenden militärischen Kooperation deutlich Nachdruck verliehen. Ausgerechnet in der Friedensstadt Hiroshima ist der G7-Gipfel also mehr von Sicherheitspolitik geprägt gewesen als in der Vergangenheit. Gegenüber China, von dem unter anderem eine nahende Invasion in Taiwan befürchtet wird, wurde ausdrücklich betont, es solle sich "verantwortungsvoll" verhalten. Gegen Russland, das weiterhin seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, wurden einmal mehr neue Sanktionen beschlossen.
Der Star der G7-Konferenz war Wolodymyr Selenskyj
Der Star der Konferenz war aber nicht Gastgeber Fumio Kishida, sondern der kurzfristig angereiste ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Von internationalen Medien wurde Selenskyjs Teilnahme als dessen "wichtigste Reise" bewertet, da er in Hiroshima die seltene Möglichkeit hatte, mit vielen der mächtigsten Regierungschefs der Welt gleichzeitig zu sprechen und für mehr Unterstützung der Ukraine zu werben.
Was gelang, denn unter Führung der USA wird die Ukraine im Kampf gegen die russische Invasionsarmee weiter massiv aufgerüstet – bis hin zur Lieferung moderner westlicher Kampfflugzeuge. Zum Abschluss des Treffens versprach US-Präsident Joe Biden dem ukrainischen Kollegen neue Militärhilfen im Umfang von etwa 375 Millionen US-Dollar (etwa 346 Millionen Euro). Das Paket umfasse Munition, Artillerie und gepanzerte Fahrzeuge. Der Gesamtwert der militärischen Unterstützung der USA seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 beträgt inzwischen deutlich mehr als 30 Milliarden US-Dollar.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hob hervor, die Gruppe der Sieben werde der Ukraine so lange wie nötig helfen. Er rechnet nicht mit der raschen Lieferung moderner Kampfjets. "Das, was mit der Ausbildung von Piloten verbunden ist, ist ja ein längerfristiges Projekt", sagte er.
Eindringlich wird China von Rishi Sunak gewarnt
Eine eindringliche Warnung vor der chinesischen Politik sprach der britische Premierminister Rishi Sunak aus: "China ist die größte Herausforderung unserer Zeit für die globale Sicherheit und den globalen Wohlstand." Die Führung in Peking werde im eigenen Land immer autoritärer und im Ausland immer forscher. In einer Gipfelerklärung formulierten die G7-Staaten eine gemeinsame Position gegenüber China. Die Gruppe will ihre wirtschaftlichen Abhängigkeiten von Peking reduzieren und Risiken in den Lieferketten verringern. Auch wiesen die G7 die Machtansprüche Chinas im Ost- und Südchinesischen Meer zurück und warnten vor militärischen Schritten gegen das demokratische Taiwan.
Russland wie China wiesen die Beschlüsse der G7-Staaten entschieden zurück. "Schauen Sie auf die Entscheidungen, die heute in Hiroshima auf dem G7-Gipfel besprochen und getroffen werden und die auf die doppelte Eindämmung von Russland und China zielen", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Samstag in Moskau.
China reagiert scharf auf G7-Staaten: Verunglimpfung und Einmischung
China warf den G7-Staaten Verunglimpfung und "Einmischung in innere Angelegenheiten" vor. In einer scharfen Reaktion sagte ein Außenamtssprecher in Peking, die G7 "unterdrückt die Entwicklung anderer Länder".
Nach Abschluss der Beratungen hatte Selenskyj das Friedensmuseum von Hiroshima besucht, wo Zeugnisse der Folgen des US-Atombombenabwurfs von damals gezeigt werden. Die Stadt ist heute ein weltweites Symbol für die Schrecken von Krieg – und ein Ort der Mahnung zum Frieden. Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen dürften "nicht akzeptiert werden", sagte Japans Premier Kishida– nicht zuletzt mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. (mit dpa)