Man kennt das Phänomen. Der Sommer ist da, die Gedanken sind schon im Urlaub, aber die eine oder andere Sache ist halt noch zu erledigen. Wer ins Büro gehen muss, drückt bei der Kleiderauswahl morgens schon mal ein Auge zu.
Den Abgeordneten im italienischen Parlament geht es da nicht anders. In Rom ist es derzeit um die 30 Grad warm. Kurz vor der Sommerpause hat sich im Palazzo Montecitorio, dem Abgeordnetenhaus, der Casual-Look wie ein Lauffeuer verbreitet. Den Regierungsparteien Fratelli d'Italia und Lega war das ein Dorn im Auge.
Als ein Abgeordneter aus dem italienischen Parlament getragen wurde
„Mit unserer Kleidung senden wir eine Botschaft an diejenigen, die uns hierher geschickt haben“, erinnerte die Lega-Abgeordnete Simonetta Matone. „Ich finde es respektlos, in Strandkleidung hierherzukommen, und damit meine ich die Frauen, oder in Sportkleidung mit Turnschuhen, wir sind doch nicht beim Joggen!“, fügte sie empört hinzu. Matones Kollege Salvatore Caiata (Fratelli d'Italia) sah die Sache genauso. Er stellte einen Antrag auf Krawattenpflicht im Palazzo sowie Sneakers-Verbot. „Die Würde des Hauses“ verlange ein entsprechendes Erscheinungsbild. Das Anliegen fand allerdings keine Mehrheit.
Mit der Würde ist es so eine Sache im Abgeordnetenhaus. Für Männer verpflichtend bleibt das Tragen eines Jacketts. Noch gut in Erinnerung ist, wie zu Pandemiezeiten der heutige Kulturstaatssekretär und Kunstkritiker Vittorio Sgarbi aus der Parlamentsaula herausgetragen wurde, weil er sich weigerte, eine Mund-Nasen-Maske überzuziehen. Vier Saaldiener packten den Politiker an Armen und Beinen und beförderten ihn aus der Aula. Sgarbi und seine Träger hatten allesamt Anzug und Krawatte an.