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Berlin
Lauterbach will Krankenhausreform trotz Kritik durchziehen
Nach der Sprechstunde in Berlin haben die Länder weiter Bedenken. Ein Gutachten warnt vor einem Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrats.
Karl Lauterbach.jpeg       -  Karl Lauterbach ARCHIV - 14.09.2022, Berlin: Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, gibt in seinem Ministerium eine Pressekonferenz. Der Zeitplan für die Klinikreform der Bundesregierung ist aus Sicht der Landeskrankenhausgesellschaft nicht umsetzbar. (Zu dpa «Verband hat Zweifel am Zeitplan für Lauterbachs Klinikreform») Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Foto: Kay Nietfeld | Karl Lauterbach ARCHIV - 14.09.2022, Berlin: Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, gibt in seinem Ministerium eine Pressekonferenz.
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 22.04.2024 02:41 Uhr

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will seine geplante Klinikreform trotz weiter bestehender Meinungsverschiedenheiten mit den Ländern weiter vorantreiben. Zwar hält er ein Entgegenkommen etwa bei einer stärkeren Entbürokratisierung für möglich, im Grundsatz seien seine Reformpläne aber nicht verhandelbar. Das sagte der SPD-Politiker nach Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch in Berlin. Bei den vorgesehenen Qualitätsvorgaben für Kliniken etwa werde er nicht von seinen Plänen abrücken. Bei dem Treffen sei die Notwendigkeit der Reformen im Grundsatz nicht infrage gestellt worden, so Lauterbach. Er sprach von einer "historischen Gelegenheit", das Krankenhaussystem so neu aufzubauen, wie es nötig sei. "Es gibt keine andere Reform", sagte er.

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach kündigte Widerstand gegen die Pläne an und kritisierte Lauterbach scharf. Dieser sei "leider nicht bereit" gewesen, auf wichtige Forderungen der Länder einzugehen. "Ich sehe großen Nachbesserungsbedarf bei seinem Entwurf für die Krankenhausreform", sagte sie. 

Seit Monaten streiten Bund und Länder über Karl Lauterbachs Krankenhausreform

Bund und Länder streiten seit Monaten über die von Lauterbach geplante Krankenhausreform, nach der das bisherige System der Fallpauschalen abgelöst werden soll. Verbunden damit wäre eine stärkere medizinische Spezialisierung der einzelnen Kliniken. Um die Krankenhäuser von dem finanziellen Druck zu befreien, immer mehr Patienten zu behandeln, sollen sie den Plänen zufolge schon für die Vorhaltung von bestimmten Leistungen Geld bekommen. Demnach würden 60 Prozent der Vergütung gezahlt, wenn die Klinik etwa eine spezielle Operation anbietet und darauf eingerichtet ist.

Aus Sicht der kleinen, oft um ihre Existenz ringenden Kliniken in ländlichen Räumen wäre das grundsätzlich eine feine Sache. Allerdings wird den Lauterbach-Plänen zufolge dann nicht mehr jede Klinik auch jede Leistung anbieten können. Vielmehr soll eine Spezialisierung erfolgen, die mit höheren und einheitlichen Qualitätsanforderungen einhergeht. Hintergrund ist die seit Jahren bekannte Erkenntnis, dass die Fehlerquote bei bestimmten Operationen umso niedriger ist, je öfter dieser spezielle Eingriff an einer bestimmten Klinik durchgeführt wird. Bei planbaren Operationen sei deshalb für die Patienten auch ein längerer Anfahrtsweg zur Klinik vertretbar, so der Tenor Lauterbachs. "Die Qualität der Behandlung wird dadurch steigen", glaubt er.

Was wird bei der Reform aus den Kliniken auf dem Land?

Kleinere Kliniken auf dem Land sollen sich laut dem Konzept vor allem um die Grundversorgung kümmern und untereinander stärker zusammenarbeiten. Bei den Kliniken sollen letztlich auch Betten abgebaut werden und die Behandlung "ambulantisiert" werden – das bedeutet, dass die Patienten weniger oft und kürzer in einem Krankenzimmer übernachten. Derzeit gibt es etwa 480.000 Betten an rund 1700 Krankenhausstandorten.

Abseits der Großstädte ist die Sorge um eine Einschränkung der medizinischen Versorgung vor Ort jedoch weit verbreitet. Die Reformpläne könnten etwa wohnortnahe Schlaganfallzentren oder die Geburtsabteilungen kleiner Kliniken gefährden, warnen Kritiker. Die Landesregierungen reagierten auf die geplante Krankenhausreform zunächst teils höchst skeptisch. Sie fürchten darum, Kompetenzen bei der Klinikplanung zu verlieren. Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) etwa kritisierte Lauterbachs Plan als eine Gefährdung der Versorgungssicherheit. "Viel zu viele Krankenhäuser müssen infolge seines Reformvorschlags ihr Leistungsangebot ganz erheblich verringern. Das ist unverantwortlich." Wenn Lauterbach sein Vorhaben nicht korrigieren sollte, werde Bayern vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen. 

Gutachten warnt vor Alleingang ohne Bundesrat

Nach anhaltendem Streit mit den Ländern hat Lauterbach sein Gesetzesvorhaben so ausgelegt, dass es im Bundesrat nicht mehr zustimmungspflichtig wäre. Ein neues Gutachten im Auftrag von Bayern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ergab jedoch, eine Verabschiedung des Gesetzes ohne Zustimmung der Länderkammer berge "das Risiko einer formellen Verfassungswidrigkeit". Zu dem Gesetzentwurf Lauterbachs können Länder und Verbände nun bis zum 30. April Stellung nehmen. Am 8. Mai soll sich dann das Kabinett damit befassen, die erste Lesung im Bundestag wird noch vor dem Sommer angestrebt. Lauterbach glaubt nach eigenen Angaben nicht, dass die Reform noch scheitert. Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullman forderte, die Länder müssten sich klar dazu bekennen, dass die Zahl der stationären Betten reduziert werden muss. "Eine Einigung auf eine entökonomisierte Finanzierung bei gleichbleibenden Strukturen werden wir nicht mittragen", sagte er. 

 
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