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Helsinki
Finnland schließt seine Grenzübergänge in Richtung Russland
Helsinki wirft Russland vor, Migranten gezielt an die Grenze zu bringen. Die Regierung reagiert mit der Schließung der Übergänge. Der Ton in dem Konflikt wird schärfer.
Vier finnisch-russische Grenzübergänge geschlossen.jpeg       -  Migranten stehen am finnisch-russischen Grenzübergang Salla, der jetzt auch geschlossen wurde. Die Regierung in Helsinki hat jetzt Hilfe der EU-Grenzschutzbehörde Frontex angekündigt.
Foto: Jussi Nukari, Lehtikuva, AP, dpa | Migranten stehen am finnisch-russischen Grenzübergang Salla, der jetzt auch geschlossen wurde. Die Regierung in Helsinki hat jetzt Hilfe der EU-Grenzschutzbehörde Frontex angekündigt.
Jens Mattern
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:53 Uhr

Aus den Worten des finnischen Premiers spricht echte Besorgnis: „Unser Hauptziel ist es, die Sicherheit der finnischen Bevölkerung zu garantieren“, sagte Petteri Orpo. Das Land ist mit einer wachsenden Anzahl von Migranten an seinen Ostgrenzen konfrontiert, die nach finnischen Angaben von russischen Behörden gezielt an die Übergänge geführt werden. Allein im November waren es über 500 Personen. 

Die finnische Regierung hat mit der Schließung von drei weiteren Übergängen nach Russland reagiert. Seit Donnerstag ist nur noch der nördlichste Posten offen – Rajaa Joseppi liegt jenseits des Polarkreises. Doch auch dort ist die Spannung auf den ersten Blick sichtbar. Auf finnischer Seite werden Panzersperren und Stacheldraht bereitgehalten. Es gibt Informationen, nach denen in der russischen Stadt Murmansk weitere 400 Asylsuchende darauf warten, an die Grenze zu Finnland gebracht zu werden. 

Die Migranten verfügen meist nicht über gültige Papiere

Seit August lassen russische Grenzer Migranten – zumeist aus Somalia, Syrien und dem Irak – mit fehlenden oder unvollständigen Papieren über die Grenze. Sind sie erst einmal auf finnischem Territorium, gibt es kein Zurück. Die russischen Sicherheitskräfte hindern sie daran, die Grenze wieder in die entgegengesetzte Richtung zu passieren. Die klirrende Kälte von derzeit bis zu minus 20 Grad ist eine große Gefahr für die Geflüchteten – einige von ihnen weisen Erfrierungen auf. In der vergangenen Woche wurden bereits vier stark frequentierten Übergänge im Südosten dicht gemacht. Offensichtlich leiteten die russischen Behörden die Migranten daraufhin in die Nähe der nördlichen Übergänge, zum Teil mussten die Menschen die letzte Wegstrecke bis zur Grenze per Fahrrad zurücklegen. 

Zunächst hatte die Regierung in Helsinki geplant, bereits Anfang der laufenden Woche alle Übergänge nach Osten dichtzumachen, doch die komplette Abriegelung gegenüber Russland birgt rechtliche Probleme. Nun ist eine Gesetzesänderung in Vorbereitung, um dieses Hindernis zu beseitigen.

Das Verhältnis der beiden Länder wird immer frostiger

Das Verhältnis beider Länder hat sich zuletzt immer weiter verschlechtert. Als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte Finnland seine traditionelle Neutralität aufgegeben. Die Nato-Mitgliedschaft des Landes wurde in Moskau wütend kommentiert. Gleichzeitig laufen Verhandlungen zwischen Helsinki und Washington. Ziel der Gespräche ist ein bilaterales Verteidigungsabkommen abzuschließen. Ende Oktober lief die bereits fünfte Verhandlungsrunde. 

Der Kreml bestreitet, für das Auftauchen der Migranten an der finnischen Grenze verantwortlich zu sein. Moskau ging kurzerhand zum diplomatischen Gegenschlag über und bezeichnete die Schließungen der Grenzübergänge als antirussische Aktion. Der Ton wird zunehmend schärfer. „Finnland hilft dem Neonazi-Regime“, erklärte jüngst Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums. Gemeint ist die Unterstützung der Ukraine durch Finnland. Zuvor hatte Moskau nicht näher genannte „Maßnahmen“ gegen die Grenzschließung angekündigt. 

Das illegale Überqueren der grünen Grenze im hohen Norden ist lebensgefährlich

Das finnische Innenministerium fürchtet, dass sich auch russische Soldaten unter den Migranten befinden. Längst rechnen die finnischen Behörden damit, dass Migranten mit direkter russischer Hilfe auch über die grüne Grenze gelangen können. Gerade im Winter ein äußerst gefährliches Unterfangen, das durchaus Todesopfer fordern könnte. Die rund 3000 finnischen Grenzschützer sind nicht ansatzweise in der Lage, die über 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland zu kontrollieren. Helsinki hat jetzt die EU-Grenzschutzbehörde Frontex um Hilfe gebeten. Es geht um nach EU-Angaben 50 Frontex-Beamte sowie technisches Gerät. 

 
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