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Gebäudesanierung
EU-Sanierungszwang für Eigenheimbesitzer kommt doch nicht
Nach monatelangem Streit gibt es nun zwar strengere Vorgaben zum Energiesparen. Doch das Paket wird massiv entschärft – auch wegen des Widerstands aus Deutschland.
Katrin Pribyl, Christoph Frey
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:45 Uhr

Der Aufschrei über den von Brüssel auferlegten „Sanierungszwang“, wie er im deutschen Volksmund bezeichnet wurde, klang bis in die Hinterzimmer in Brüssel durch und sorgte zumindest für einen kleinen Umschwung, den manche auch Kehrtwende nennen würden. Denn die neue Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden kommt deutlich abgeschwächter als ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagen. Können besorgte Hauseigentümer nun aufatmen? 

Kompromiss bei der Gebäudesanierung

Monatelang wurde heftig gestritten wegen der möglichen Kosten für Besitzer von alten Gebäuden, Gegner der Pläne befürchteten eine finanzielle Überforderung. Am Donnerstagabend einigten sich dann die Unterhändler der 27 Mitgliedstaaten und des Europaparlaments. „Wir haben einen Deal“, verkündete der zuständige Berichterstatter Ciarán Cuffe merklich erleichtert und verwies auf die Ersparnisse, die auf die Bürger zukommen. Verschwendete Energie sei verschwendetes Geld, sagte der irische Grüne. „Wir müssen den Bürgern helfen, Geld zu sparen, und sie vor schwankenden Energiepreisen schützen.“ 

Der Kompromiss besagt, dass der Energieverbrauch von Wohngebäuden in der Gemeinschaft bis zum Jahr 2030 im Schnitt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll. Befürworter der Richtlinie betonten, dass gerade Menschen mit niedrigem Einkommen von Modernisierungen am meisten profitieren und die EU-Kommission wies ebenfalls gebetsmühlenhaft darauf hin, dass sich Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht auszahlten. Auf einige Eigenheim-Besitzer dürften trotzdem erhebliche Kosten zukommen, auch wenn sie deutlich geringer ausfallen als zunächst erwartet. 

„Durch die EU ausgelöste Zwangssanierungen drohen nun nicht mehr“, zeigte sich die Europaabgeordnete und Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe Angelika Niebler zufrieden. Es war laut Insidern vorneweg Deutschland, das die Pflicht zur Modernisierung abgewendet und damit eines der bedeutendsten Projekte der EU-Kommission abgeschwächt hat. Konkret ordnet die Union keine „Zwangssanierung“ für einzelne Hauseigentümer an, sondern überlässt es den EU-Ländern, zu entscheiden, wo diese die Einsparungen erzielen wollen.

Modernisierungswelle der EU gegen den Klimawandel

Im Kampf gegen den Klimawandel wollte die EU eigentlich eine Modernisierungswelle in den 27 Mitgliedstaaten anstoßen, in der sich Millionen von Europäern Solaranlagen aufs Dach des Eigenheims packen und Gasheizungen im Keller durch Wärmepumpen ersetzen. Die Kommission hatte zunächst das Motto „Worst First“ ausgegeben, ergo: Die schlechtest gedämmten Gebäude in den einzelnen Mitgliedstaaten sollten auf Wunsch der Brüsseler Behörde als erste modernisiert werden. Kritiker aber hatten unter anderem vor einer Überforderung vieler Bürger sowie vor einem Werteverlust von älteren Privathäusern gewarnt. Der finale Text verlangt nun nicht mehr, dass zwangsläufig die am schlechtesten isolierten Gebäude renoviert werden müssen.

Bayerns neuer Europaminister Eric Beißwenger (CSU) sieht nun die Bundesregierung am Zug: „Es liegt nun vor allem am Bund, bei der Umsetzung in deutsches Recht eine drohende Überforderung zu stoppen. Neue Anforderungen müssen wirtschaftlich vertretbar sein. Umsetzungszeiträume und Sanierungspfade müssen realistisch und praktikabel sein. Vor allem für den sozialen Wohnungsbau müssen Ausnahmen gelten. Unverhältnismäßige Mehrkosten muss der Bund abfedern", sagte er unserer Redaktion. Die eigene Immobilie als Altersvorsorge dürfe auch in Zukunft nicht infrage gestellt werden. 

Der Freistaat hatte einen Sanierungszwang strikt abgelehnt und über Bundesrat, Bundesregierung, EU-Kommission und EU-Parlament Druck aufgebaut. "Sanierungszwänge hätten gravierende Folgen für die Wohnraumversorgung in Deutschland, gerade im sozialen Wohnungsbau. Bereits jetzt führen steigende Zinsen und hohe Baupreise zu einer starken Verringerung der Bau- und Sanierungsaktivität in Deutschland", sagte Beißwenger. 

Die nun beschlossene Richtlinie ist Teil der Bausteine des „Fit for 55“-Klimapakets, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Sie gilt vor allem deshalb als wichtig, weil der Gebäudebestand der EU für etwa 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Union verantwortlich ist. Zuletzt wurde aber vor allem über Ausnahmen diskutiert und darüber, welche Finanzhilfen für die Bürger notwendig sind.

 
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