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G20-Gipfel
Bröckelt die Solidarität mit der Ukraine?
Der G-20-Gipfel in Indien vermeidet ein klares Wort zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Entsprechend zufrieden ist der Kreml.
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Foto: Kay Nietfeld, dpa | Indiens Premierminister Narendra Modi empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz in Neu Delhi.
Stefan Lange, Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:35 Uhr

Die Ukraine war gar nicht erst eingeladen - und entsprechend enttäuscht fallen die Reaktionen aus Kiew auf den Gipfel der 20 großen und aufstrebenden Industrienationen am Wochenende in Indien aus. "Die G20 hat nichts, worauf sie stolz sein kann", kritisierte ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums die nur unter großen Mühen zustande gekommene Abschlusserklärung des Treffens, in der der russische Angriffskrieg nicht ausdrücklich verurteilt wird. Stattdessen wird darin nur auf entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwiesen - und ganz allgemein auf die territoriale Integrität von Staaten. Anders als im Vorjahr wurde auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi diesmal nicht mehr per Video zugeschaltet. 

G20-Gipfel: Scholz spricht von einem Erfolg

Aus Sicht der Ukraine hätten die G20-Staaten den Krieg einhellig verurteilen und Moskau aufrufen müssen, die Invasion umgehend zu beenden. Russland allerdings ist ebenso Mitglied der G-20-Gruppe wie sein Verbündeter China. So fordern die Mitglieder der Runde zwar „alle Länder“ auf, auf den Einsatz von Gewalt zur Erzielung von Geländegewinnen zu verzichten. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine aber wird in dem Text nicht ausdrücklich benannt. 

Dieser Linie folgte auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der zum Abschluss des Treffens von einem Erfolg und von "harten Worten" sprach, die die Teilnehmer gefunden hätten. Deutschland und viele, andere Staaten würden die Ukraine solange unterstützen, wie das notwendig sei. Beim letzten Treffen der Zwanzigergruppe auf der indonesischen Ferieninsel Bali im vergangenen Jahr war der Einmarsch Russlands in seinem Nachbarland in der Abschlusserklärung von "den meisten" Staaten noch klar verurteilt worden. Auf Druck aus China hatte damals sogar Russland dem Kommuniqué zugestimmt. 

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Gipfelerklärung von Delhi am Sonntag als Erfolg für Moskau. Es sei dank der Geschlossenheit des "globalen Südens", darunter Gastgeber Indien, gelungen, eine "Ukrainisierung" des Gipfels zu verhindern, sagte Lawrow, der seinen Präsidenten Wladimir Putin in Indien vertreten hatte. Die Gipfelerklärung dominieren andere Themen, von der engeren Zusammenarbeit mit Afrika über den Klimaschutz und die Künstliche Intelligenz bis zum Kampf gegen den Plastikmüll. Viele Mitglieder der G20, etwa Brasilien, Südafrika oder Indien, pflegen nach wie vor enge Kontakte nach Moskau. 

Indien wird Deutschland bald überholen

Jürgen Hardt, der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zieht auch deshalb eine kritische Bilanz des Gipfels. „Das Problem ist, dass China und Russland zunehmend versuchen, das G20-Format zu instrumentalisieren", betonte er gegenüber unserer Redaktion. "Es wird der Eindruck erweckt, man wolle sich nicht mehr von den USA bevormunden lassen." In Wahrheit sei der Begriff der multipolaren Weltordnung aber nichts anderes als ein Etikettenschwindel. "China und Russland nutzen ihn, um sich gegen die UN-Ordnung und gegen gemeinsame Werte wie Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte zu wenden." Die Bundesregierung forderte Hardt auf, vor allem auf engere Kontakte nach Indien zu achten. "Indien wird in wenigen Jahren nach den USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein und an Deutschland vorbeiziehen", sagte er. Spätestens dann werde sich die Frage stellen, ob Indien nicht auch in den Kreis der G7 hineingehöre, den Kreis der sieben größten Industrienationen der Welt. 

 
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