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Paris
Neuwahlen: Emmanuel Macron rechtfertigt seinen riskanten Coup
Warum löste der französische Präsident die Nationalversammlung auf und rief kurzfristig Parlamentswahlen bereits am 30. Juni aus? Nun reichte er Erklärungsversuche nach.
Vor der Wahl in Frankreich.jpeg       -  Allein auf weiter Flur? Der französische Präsident Emmanuel Macron stellt sich auf einer Pressekonferenz Fragen zur Auflösung der Nationalversammlung.
Foto: Michel Euler, AP, dpa | Allein auf weiter Flur? Der französische Präsident Emmanuel Macron stellt sich auf einer Pressekonferenz Fragen zur Auflösung der Nationalversammlung.
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 16.06.2024 02:36 Uhr

Emmanuel Macron ist kämpferisch, entschlossen, keineswegs zur Aufgabe bereit. Das unterstrich der französische Präsident am Mittwoch bei Pressekonferenz in Paris. Er versuchte zu erklären, warum er am Sonntagabend als Reaktion auf die Ergebnisse der EU-Wahl die Auflösung der Nationalversammlung und vorgezogene Parlamentswahlen in wenigen Wochen beschloss. Sein Lager hatte mit 14,6 Prozent der Stimmen enttäuscht, der rechtsextreme Rassemblement National (RN) erreichte mit 31,4 Prozent ein Rekordergebnis. Alle Rechtsaußen-Parteien gemeinsam kamen auf fast 40 Prozent, die radikale Linke landete bei knapp zehn Prozent. 

Warum also traf er eine Entscheidung, die die Rechtsextremen im Fall eines weiteren Triumphs in die Regierung bringen könnten? „Hätte ich angesichts von 50 Prozent der Franzosen, die für die Extremen stimmten, einfach so weitergemacht, hätten Sie gesagt, dieser Typ ist völlig abgehoben“, verteidigte sich der 46-Jährige. Er sei Demokrat und lasse nun das Volk über die Politik der nächsten Jahre abstimmen. „Die Auflösung ermöglicht eine Klärung der Positionen, wir sind an einem historischen Punkt angelangt“, so Macron, der die extreme Rechte und die radikale Linke scharf angriff. Erstere teilten die Bevölkerung in „echte und falsche Franzosen“ ein und wollten die Pressefreiheit und den Rechtsstaat einschränken; die Linke wiederum hätte eine antisemitische und antiparlamentarische Kampagne geführt.

Präsident Macron macht den "demokratischen" Parteien ein Angebot

Demgegenüber lud der Präsident die „demokratischen“ politischen Parteien von den Sozialdemokraten über die Grünen bis hin zu den gemäßigten Republikanern zu Verhandlungen ein, um eine Art Koalition zu organisieren, deren genauere Konturen er allerdings nicht aufzeichnete. Denkbar erscheinen Absprachen für einige der 577 Wahlkreise, um dort keine konkurrierenden Kandidaten aufzustellen. Doch erste Reaktionen aus der Opposition ließen wenig Hoffnung auf eine Zusammenarbeit durchscheinen. „Emmanuel Macron hat nichts mehr anzubieten“, entgegnete die französische Grünen-Chefin Marine Tondelier.

Diesem Eindruck versuchte der Präsident etwas entgegenzusetzen – mit mehreren präzisen Ankündigungen von einer strikten Reglementierung der Handy-Nutzung der Kinder über einen besseren Zugang zu bezahlbarem Wohnraum für junge Leute bis zum Versprechen, die Kaufkraft der Menschen zu erhöhen und die Energiepreise zu senken. Wenn er alles richtig gemacht hätte, stünde er heute nicht hier, räumte er ein. Doch gegenüber seinen konkreten Vorschlägen seien die Rechtsextremen die Verkörperung eines grundsätzlichen „Nein“ zu allem. Diesen wolle er 2027, wenn sein Mandat ende, nicht die Schlüssel zur Macht übergeben. Ob er im Fall eines Sieges des RN dessen 28-jährigen Parteichef Jordan Bardella zum Premierminister machen würde, sagte Macron nicht.

Meinungsforscher rechnen mit wenig Veränderungen bis zum Wahltermin

Tatsächlich gilt dies aber als Option für den Fall eines RN-Wahlsiegs. Umfragen sagen wenige Verschiebungen seit der EU-Wahl am Wochenende voraus: Sie sehen den RN bei 34 Prozent, Macrons Lager bei 19 Prozent und das gerade geschlossene Bündnis der linken Parteien bei rund 22 Prozent. Die Republikaner liegen demnach bei neun Prozent. Die Partei durchläuft eine Krise, seit ihr Chef Éric Ciotti am Dienstag ein Bündnis mit dem RN angekündigt hat. 

Etliche einflussreiche Parteifreunde widersprachen ihm heftig und forderten ihn vergeblich zum Rücktritt auf. Wenige Stunden vor einem von seinen Gegnern angesetzten Parteitreffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten, ließ Ciotti am Mittwoch den Sitz der Republikaner in Paris schließen. Daraufhin schlossen ihn die Führungspersönlichkeiten der Partei einstimmig aus.

„Die Masken fallen“, kommentierte Macron diese Vorgänge, die die konservative Partei an die Spaltung zu bringen drohte. Chaotische Szenen vor dem Parteisitz lenkten die mediale Aufmerksamkeit unmittelbar nach seinem Auftritt von ihm weg. Frankreichs Politik erlebt chaotische Zeiten.

 
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