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Paris
Ein Debakel für Macron
Ein neues Migrationsgesetz ist gescheitert: Alle Oppositionsparteien haben es in der Nationalversammlung gemeinsam abgelehnt, noch bevor die Debatten begannen. Wie handlungsfähig ist der Präsident noch?
Präsidentschaftswahl in Frankreich - Macron.jpeg       -  Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich,  musste eine schwere politische Schlappe hinnehmen.
Foto: Ludovic Marin, dpa | Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, musste eine schwere politische Schlappe hinnehmen.
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:43 Uhr

Er fühle sich keineswegs an wie eine „lame duck“, eine lahme Ente, sagte Emmanuel Macron im Sommer in einem Interview, und wollte dabei entschlossen klingen. „Ich werde bis zur letzten Viertelstunde regieren.“ Doch alleine die Frage dürfte ihn aufgeschreckt haben. Gestellt wurde sie wenige Monate, nachdem er seine Rentenreform per Zwang verordnen musste, weil ausreichend Stimmen im Parlament dafür fehlten. Würde der französische Präsident angesichts der Frontal-Opposition vor allem der konservativen Republikaner überhaupt noch ein Gesetz durchbringen?

Die Ereignisse am Montagabend in der Nationalversammlung zeigten, wie kompliziert das ist. Noch vor Beginn der Debatten über ein neues Einwanderungsgesetz stimmten die Parlamentarier mit 270 zu 265 Stimmen für den Antrag der Grünen, den Entwurf vorab pauschal abzulehnen. Zum letzten Mal kam dies im Jahr 1998 vor. Bemerkenswert ist auch, dass sich die gesamte Opposition mit Abgeordneten von den Kommunisten über die radikalen Linken und Sozialisten bis zu einem Teil der Republikaner und dem rechtsextremen Rassemblement National zusammentat. Sie vereint wenig – abgesehen vom Willen, der Regierung, Innenminister Gérald Darmanin und letztlich auch Macron einen Schlag zu verpassen. Der Präsidentenpartei Renaissance und ihren Partnern, der Mitte-Partei MoDem und Horizons von Ex-Premierminister Édouard Philippe, fehlten letztlich fünf Stimmen. 

Frankreichs Regierung ist erschüttert

„Die Ohrfeige“, titelten mehrere Zeitungen am nächsten Morgen. „Die Schmach der Abgeordneten erschüttert die Regierung“, schrieb der Figaro. Der Chef des Rassemblement National, Jordan Bardella, forderte am Dienstag gar die Auflösung der Nationalversammlung, was zu Neuwahlen führen würde. „Wenn man mit einer schweren politischen Krise konfrontiert ist, besteht der einzige ehrbare Weg darin, das Volk zu befragen“, sagte er. Umfragen zufolge würde vor allem seine rechtsextreme Partei davon profitieren. Die Lage für Macron würde noch heikler mit einer möglichen „Kohabitation", die ihn zur Zusammenarbeit mit einer Regierung und einem Premierminister eines anderen politischen Lagers zwingen würde. 

Der Politologe Jérôme Jaffré hält dies mittelfristig für unvermeidlich. „Noch dreieinhalb Jahre bis zur Wahl 2027 mit derselben Zusammensetzung in der Nationalversammlung weiterzumachen, erscheint sehr schwierig.“ Auch eine Regierungsumbildung steht in seinen Augen an. Eine mögliche Koalition mit den Republikanern nach deutschem Modell sei seit Montagabend „komplett ausgeschlossen“, so der Politik-Experte: „Die Republikaner sind in eine Haltung der absoluten Gegnerschaft zu Emmanuel Macron eingetreten.“ 

Asylgesetze könnten deutlich verschärft werden

Durch die Übermacht der Republikaner dürfte Darmanins Gesetzestext, der bereits eine Verschärfung der Asyl- und Einwanderungsregeln vorsah, noch strikter ausfallen. Die Konservativen fordern unter anderem einen erschwerten Zugang zu Sozialleistungen für Einwanderer, jährliche Quoten und die Umwandlung der staatlichen medizinischen Hilfe für Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis in eine Minimal-Hilfe. Alle Maßnahmen für eine bessere Integration von Migranten und deren vereinfachte Einstellung in Mangelberufen lehnen sie ab. Doch ein einseitig restriktives Gesetz wollen dutzende Abgeordnete des linken Flügels der Präsidentenpartei nicht mittragen. In diesem Fall könnte wie bei der Rentenreform der Verfassungsartikel 49.3 zum Einsatz kommen. Politologe Jaffré warnt davor, nur noch über diesen Trick Gesetze zu verabschieden. „Das gibt das Bild einer autoritären Regierung ab, die bei Wahlen dafür abgestraft werden dürfte.“ 

 
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