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Finanzen
Neue Finanzpolizei soll Geldwäsche bekämpfen
Deutschland gilt als Paradies für Geldwäscher. Das will die Ampel nun ändern – aber braucht es dazu auch eine neue Behörde?
BKA warnt vor Geldwäsche-Kriminalität.jpeg       -  Tausende Menschen in Deutschland werden nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes  jedes Jahr von Kriminellen für Geldwäsche missbraucht.
Foto: Patrick Seeger, dpa (Archivbild) | Tausende Menschen in Deutschland werden nach Einschätzung des Bundeskriminalamtes jedes Jahr von Kriminellen für Geldwäsche missbraucht.
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 01.07.2024 02:38 Uhr

Mit dem Aufbau einer neuen Behörde will die Bundesregierung den Kampf gegen die Geldwäsche forcieren. Praktiker von Zoll und Polizei halten dies allerdings für den falschen Weg – und fordern eine Art Finanzpolizei nach italienischem Vorbild . Das geplante Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität mit mehreren Hundert Beamten sei "eine Behörde, die kein Mensch braucht", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Frank Buckenhofer, gegenüber unserer Redaktion. Er plädiert dafür, die bestehende Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls zu einer Art Finanzpolizei auszubauen und sie eng mit dem Bundeskriminalamt zusammenarbeiten zu lassen. Ähnlich argumentiert der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, der CSU-Abgeordnete Alois Rainer. "Es muss effizienter gearbeitet werden", verlangt er. "Ich bin aber der festen Überzeugung, dass wir dafür keine neue Behörde brauchen." 

Weit über 100 Milliarden Euro an schmutzigem Geld aus dem Drogenhandel, der Prostitution, aus Schutzgelderpressung, Korruption oder illegalem Glücksspiel werden nach verschiedenen Schätzungen jedes Jahr alleine in Deutschland gewaschen. Zur Verschleierung ihrer kriminellen Geschäfte versuchen Geldwäscher dabei häufig, die "Vermögenswerte" zu wechseln – also kriminelles Bargeld in "saubere" Bankguthaben zu tauschen, Bankguthaben in Edelmetalle, Edelmetalle in Immobilien oder Kryptowährungen in Bargeld. Eine internationale Expertengruppe hat Deutschland im Jahr 2022 vorgeworfen, vor allem die ursprünglichen Taten wie die Drogenkriminalität oder den Menschenhandel im Auge zu haben, nicht aber die Finanzströme, die diesen Taten folgen. Auch Experte Buckenhofer sagt: "Wir müssen den Wegen des Geldes folgen." 

Neue Behörde würde jedes Jahr 100 Millionen Euro kosten

Ein neues Gesetz, das am Mittwoch den Finanzausschuss des Bundestages passiert hat und noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden könnte, soll diese Ermittlungslücke nun mit einer Art Finanzkriminalamt schließen. "Wir treiben den Geldwäschern endlich den Schweiß auf die Stirn," sagte der FDP-Finanzexperte Markus Herbrand. Ein "Ermittlungszentrum Geldwäsche" soll mit allen Befugnissen der Strafverfolgungsbehörden in bedeutsamen internationalen Fällen von Geldwäsche mit Deutschlandbezug tätig werden und bereits bei verdächtigen Finanzströmen ansetzen, um dahinterliegende Straftaten aufzudecken. Kosten pro Jahr: Rund 100 Millionen Euro. 

Mit den Mitteln des Strafrechts und einer neuen Behörde jedoch, warnt Polizeigewerkschafter Buckenhofer, sei den Geldwäschern kaum beizukommen. Eine Finanzpolizei dagegen könne auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln ermitteln. Das neue Bundesamt dagegen wäre nur "der Mülleimer für alles, was der Zoll nicht machen will." Im günstigsten Fall könne das vielleicht zu drei oder vier spektakulären Schauprozessen führen. "Die Geldwäsche in der Fläche aber bekämpft man so nicht." Ähnlich argumentiert die Unionsfraktion im Bundestag, die aber lieber von einer Zollpolizei als von einer Finanzpolizei spricht: "Die Zollpolizei würde zum Abbau bestehender Doppel- und Dreifachstrukturen zwischen den Kontrolleinheiten, dem Zollfahndungsdienst und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit führen." Im Milieu der organisierten Kriminalität gilt die Bundesrepublik mit ihren auf Dutzende von Stellen zersplitterten Zuständigkeiten und ihrer komplizierten Bürokratie nach wie vor als Geldwäscheparadies. Der ehemalige sizilianische Staatsanwalt und Mafia-Jäger Roberto Scarpinato etwa sagte einst: "Wenn ich Mafioso wäre, würde ich in Deutschland investieren."

 
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