Dass Brasilianerinnen oder Brasilianer deutsche Fußballteams verstärken, kommt nicht selten vor. Künftig setzt auch die Bundesregierung verstärkt auf Kräfte aus dem größten Land Südamerikas. Sie sollen die alternde deutsche Gesellschaft im Kampf gegen den Fachkräftemangel unterstützen. Darum sind Außenministerin Annalena Baerbock und Arbeitsminister Hubertus Heilgemeinsam nach Brasilien gereist. Dort vereinbarten die Grünen-Politikerin und der Sozialdemokrat mit Vertretern der brasilianischen Regierung eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Arbeitsmigration. Einen Schwerpunkt soll zunächst der Bereich der Pflege bilden, in dem es in Deutschlandviele offene Stellen gibt.
Nach einem Treffen mit seinem brasilianischen Amtskollegen Luis Marinho in der Hauptstadt Brasilia sagte Heil: "Mir ist es wichtig, dass beim Thema Fachkräfteeinwanderung alle profitieren.“ Nicht nur Deutschland als aufnehmendes Land dürfe Vorteile haben. Auch die Menschen, die aus Brasilien nach Deutschland kommen, so Heil, "brauchen faire Bedingungen.“ Ebenso müsse Brasilien selbst einen Nutzen haben. Die Bevölkerung des südamerikanischen Landes sei im Durchschnitt deutlich jünger als in Deutschland, es gebe viele junge Leute, die Arbeit suchten. Eine Beschäftigung in Deutschland könne da Chancen bieten. Geld, das im Ausland arbeitende Brasilianer zurückschicken, ist für viele ärmere Familien lebenswichtig. Die Bundesregierung werde sich deshalb künftig noch stärker bereits in Brasilien engagieren, etwa bei der Ausbildung und der Vermittlung von Sprachkenntnissen.
Brasilien hat Überhang an Pflegekräften
Es sei nicht geplant, Kräfte abzuwerben, die in Brasilien selbst gebraucht würden, sagte Heil. In der Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften allein liege auch nicht die Lösung aller Probleme, die der demografische Wandel mit sich bringt. Deutschland müsse selbst bei Aus- und Weiterbildung besser werden und die Erwerbstätigenquote bei Frauen und Älteren steigern. Dennoch werde qualifizierte Einwanderung aus Drittstaaten dringend gebraucht, um abzufedern, dass die geburtenstarken Jahrgänge nun nach und nach in Rente gehen. Während es in Deutschlandeinen großen Bedarf an ausgebildeten Pflegekräften gebe, habe Brasilien einen Überhang an Pflegerinnen und Pflegern.
Bislang kommen laut Angaben der Bundesregierung bereits rund 200 Pflegekräfte aus Brasilien nach Deutschland. Diese Zahl soll künftig auf rund 700 steigen; doch die Bundesrepublik ist keineswegs das einzige Land, das um brasilianische Fachkräfte wirbt. Ein Hindernis ist etwa die deutsche Sprache, die weltweit deutlich weniger verbreitet ist als Englisch, Spanisch, Französisch oder Portugiesisch.
Baerbock will Einwanderungspolitik reformieren
Außenministerin Baerbock sagte: "Auf unserem Arbeitsmarkt ist Lateinamerika längst angekommen. Brasilianische Pflegekräfte und kolumbianische Elektriker finden in Deutschland bereits offene Arme.“ Diese Partnerschaft werde nun ausgebaut. Die Grünen-Politikerin weiter: "Als Bundesregierung haben wir uns vorgenommen, die Einwanderungspolitik vom Kopf auf die Füße zu stellen, denn unsere Wirtschaft braucht dringend mehr Fachkräfte.“
Am Montag unterzeichneten Hubertus Heil und sein Gegenüber Luis Marinho eine gemeinsame Absichtserklärung, die den Austausch von Fachkräften erleichtern soll – beidseitig, denn in Brasilien sind seit Jahrzehnten zahlreiche deutsche Firmen wie Daimler und Volkswagen aktiv. Im brasilianischen Berufsbildungssystem soll es demnach künftig Abschlüsse geben, die von vornherein so angelegt sind, dass sie auch in Deutschland gelten. Den Anfang soll der Bereich Pflege machen.