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Berlin
Verfassungsschutz stuft AfD-Jugend als rechtsextremistische Bestrebung ein
Die Junge Alternative galt mehr als vier Jahre lang als Verdachtsfall. Jetzt ist sich der Verfassungsschutz sicher: Die Vereinigung verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.
AfD.jpeg       -  Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen beim Landesparteitag der AfD Bayern auf einem Tisch.
Foto: Daniel Karmann, dpa | Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen beim Landesparteitag der AfD Bayern auf einem Tisch.
Svenja Moller
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:15 Uhr

Der Verfassungsschutz beobachtet die Jugendorganisation der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. Neben der Jungen Alternative (JA) werden auch zwei weitere Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten – das Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein "Ein Prozent" – entsprechend eingestuft. Das teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mit. Alle drei Vereinigungen waren bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle vom Inlandsnachrichtendienst bearbeitet worden.

Laut BfV-Präsident Thomas Haldenwang bestehe kein Zweifel mehr, "dass diese drei Personenzusammenschlüsse verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen". "Sie werden deshalb vom BfV als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen eingeordnet und bearbeitet."

Junge Alternative propagiere ein völkisches Gesellschaftskonzept

Das BfV schreibt in seiner Mitteilung: "Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht". Migranten außereuropäischer Herkunft würden von der Jungen Alternative als "grundsätzlich nicht integrierbar" ausgegrenzt. Insbesondere Zuwanderern mit – vermeintlich – muslimischem Hintergrund würden in pauschaler Weise negative Eigenschaften zugesprochen, wie kulturelle Rückständigkeit und ein stark ausgeprägter Hang zu Kriminalität und Gewalt. Der JA gehe es bei der Diffamierung und Verunglimpfung politischer Gegner offensichtlich nicht um eine politische Auseinandersetzung, "sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland".

Die JA hatte im vergangenen Oktober den AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck zu ihrem Bundesvorsitzenden gewählt. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt, dessen bekanntester Vertreter der Verleger Götz Kubitschek ist. Die vom IfS propagierte Vorstellung, "dass es ein deutsches Volk jenseits des im Grundgesetz als der Gesamtheit der deutschen Staatsangehörigen definierten Staatsvolkes gebe, impliziert eine Herabsetzung von eingebürgerten Staatsangehörigen zu Deutschen zweiter Klasse", heißt es in der Mitteilung des Verfassungsschutzes. Zudem lassen sich nach Einschätzung des Geheimdienstes bei dieser Vereinigung "Verstöße gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip feststellen". Im Netzwerk der Neuen Rechten besetzt das IfS aus Sicht des Verfassungsschutzes eine strategisch wichtige Rolle.

"Ein Prozent" propagiere rassistische, migranten- und fremdenfeindliche Positionen

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes propagiert der Verein "Ein Prozent" Positionen, die rassistisch, migranten-, fremden- und muslimfeindlich sind. Die verfassungsfeindlichen Äußerungen hätten in den vergangenen Jahren zugenommen.

Die AfD wollte die Beobachtung der JA und der Gesamtpartei als Verdachtsfall jeweils mit juristischen Mitteln zu verhindern. Jedoch scheiterten beide Klagen vor dem Verwaltungsgericht Köln. gegen die Urteile legte die Partei später Berufung ein. Das Verfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.

Bereits bei Verdachtsfall können personenbezogene Daten ausgewertet und gespeichert werden

Bei einem Verdachtsfall liegen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. Dann kann das BfV personenbezogene Daten auswerten und speichern. Auch bei Verdachtsfällen kann das Bundesamt bereits unter strengen Voraussetzungen nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also heimlich Informationen beschaffen – etwa durch Observation oder das Anwerben von Informanten. Nach einer gewissen Zeit, deren Dauer auf Bundesebene nicht gesetzlich geregelt ist, entscheidet der Verfassungsschutz, ob sich der Verdacht erhärtet oder nicht.

Folgen der Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung

Die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird bei der Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung anders bewertet. Wird zu jemandem, der einer extremistischen Bestrebung zugerechnet wird, eine Sicherheitsüberprüfung vorgenommen – etwa weil er eine Erlaubnis zum Besitz von Waffen beantragt – fällt das, was der Verfassungsschutz dafür zuliefert, anders aus. Zudem berichtet der Verfassungsschutz ausführlicher über die ihm vorliegendenen Erkentnisse. "Es ist Aufgabe und Pflicht des BfV, zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung die Öffentlichkeit über solche Bestrebungen aufzuklären", sagte Haldenwang. Das Propagieren von Feindbildern und das Schüren von Ressentiments in der Bevölkerung seien generell geeignet, "den Boden für unfriedliche Verhaltensweisen gegenüber den Betroffenen zu bereiten". (mit dpa)

 
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