Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel fände ein Referendum über einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union richtig, falls sich die EU nicht nach den Vorstellungen ihrer Partei verändern sollte. In einem Interview mit der Financial Times sagte Weidel, die gemeinsam mit Tino Chrupalla die Bundespartei und die AfD-Bundestagsfraktion leitet, eine von ihrer Partei geführte Regierung würde versuchen, die EU zu reformieren und den Mitgliedstaaten wieder mehr Souveränität zu geben. Falls dies nicht das gewünschte Ergebnis bringen sollte, sollte es ihrer Ansicht nach auch in Deutschland ein Referendum über den Verbleib in der EU geben, so wie 2016 in Großbritannien.
Volksentscheide auf Bundesebene sind im Grundgesetz nicht vorgesehen
Damals hatten 52 Prozent der teilnehmenden Briten für den Austritt gestimmt, 48 Prozent votierten für den Verbleib in der EU. Vollzogen wurde der Austritt Großbritanniens 2020. "Es ist ein Modell für Deutschland, dass man so eine souveräne Entscheidung treffen kann", wird Weidel von der Financial Times zitiert.
In Deutschland sind Volksentscheide auf Bundesebene im Grundgesetz aber nicht vorgesehen, außer bei der Neugliederung von Bundesländern. Um einen Volksentscheid zu ermöglichen, müsste also zunächst das Grundgesetz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat geändert werden.
Scharfe Kritik an Weidels Vorstoß: "Nichts wünscht sich Putin mehr"
Die SPD-Europapolitikerin Katharina Barley kritisierte Weidels Vorstoß scharf. "Der Plan der AfD ist eine Verzwergung Deutschlands", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Außerdem würde ein solcher Schritt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spielen. "Nichts wünscht sich Putin mehr als eine EU, die zerbricht", sagte Barley, die die SPD am kommenden Sonntag zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahl am 9. Juni wählen will.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte: "Ein Dexit ist eine dumme Idee, aber davon hat die AfD viele." Die AfD schade Deutschland. Die Partei sei "die größte Gefahr für den Standort und die Arbeitsplätze in Deutschland". (dpa)