Überschattet durch die Auswirkungen von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine fanden in Estland am Sonntag die Parlamentswahlen statt. Die wirtschaftsliberale Reformpartei von Regierungschefin Kaja Kallas hat klar gewonnen. Die Regierungspartei holte 37 von 101 Sitzen im Parlament in Tallinn– drei mehr als bei der vorherigen Wahl 2019. Laut Angaben der Wahlkommission aus der Nacht zu Montag bleibt sie nach Auszählung aller Stimmen stärkste Kraft in der Riigikoku genannten Volksvertretung in Tallinn.
Estland-Wahl 2023: Partei von Kallas gewinnt
Schon vor der Wahl hatte sich der Sieg von Kallas Partei in dem Baltenstaat mit rund 1,2 Millionen Einwohnern abgezeichnet. Wie es die Umfragen erwarten ließen, dürfte Kallas nun weiterregieren können. Die 45-Jährige führt gegenwärtig eine Dreierkoalition mit den Sozialdemokraten (9 Sitze) und der konservativen Partei Isamaa (8 Sitze) an, die beide Mandate einbüßten. Ob sie das Bündnis fortführen oder sich neue Koalitionspartner suchen wird, ließ Kallas zunächst offen. Vorher sollen parteiintern alle Optionen besprochen werden.
"Der Wähler erwartet, dass die Reformpartei die Führung in der neuen Regierung übernimmt. So viel steht fest", sagte Kallas in der Wahlnacht und bedankte sich bei den Esten für das entgegengebrachte Vertrauen. Mit über 31.000 Stimmen in ihrem Wahlkreis stellte sie einen Rekord auf - mehr hatte seit der Unabhängigkeit Estlands von der Sowjetunion 1991 noch niemand bekommen.
Zweit- und drittstärkste Kraft wurden zwei Oppositionsparteien: die rechtspopulistische Partei EKRE (17 Sitze) und die linksgerichtete Zentrumspartei (16 Sitze), die jeweils einige Mandate einbüßten. Als größter Stimmengewinner zieht die liberale Partei Estland 200 (14 Sitze) erstmals ins Parlament ein. Experten halten sogar eine Beteiligung an der Regierung für denkbar.
Parlamentswahlen in Estland: Auch online konnte abgestimmt werden
Eine Besonderheit der Parlamentswahlen in Estland war die Möglichkeit zur Stimmabgabe über das Internet. Estland hatte diese als erstes Land in Europa eingeführt. Mehr als ein Drittel aller Wahlberechtigten machte vom "E-Voting" Gebrauch – darunter Staatspräsident Alar Karis. Insgesamt wurde über die Hälfte aller Stimmen digital abgegeben. Insgesamt wurde über die Hälfte aller Stimmen digital abgegeben, das ist ein Rekord. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission bei 63,7 Prozent. (mit dpa)