Es ist ein Geschäft, das nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik für Aufsehen und Unruhe sorgt: der Verkauf der Klimasparte des hessischen Heizungsbauers Viessmann an den US-Konkurrenten Carrier Global. Bei dem Deal geht es um Wärmepumpen, ausgerechnet die Technologie also, die maßgeblich zur deutschen Wärmewende beitragen soll.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will deshalb den Viessmann-Deal genauer unter die Lupe nehmen. "Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient", kündigte der Grünen-Politiker am Mittwoch an.
Gerade deutsche Unternehmen hätten die Technologie nach vorn gebracht, sagte Habeck. "Wichtig ist, dass die Vorteile unserer Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, auch weiter dem Standort Deutschland zugutekommen." Der geplante Verkauf des Geschäftsbereichs von Viessmann zeige, dass Klimaschutztechnologien die Technologien der Zukunft seien und der Markt für Wärmepumpen so attraktiv sei, dass er Investitionen anziehe. Doch das heißt auch: Um die Marktanteile wird hart gerungen.
Wärmepumpen-Hersteller aus Asien sind wettbewerbsfähiger
Experten gehen davon aus, dass die Geräte künftig vor allem außerhalb Deutschlands gebaut werden. Das Münchener Beratungsunternehmen S&B Strategy nennt als Beispiele Werke von Bosch und Viessmann in Polen sowie von Vaillant in der Slowakei. Dort lockten schnellere Genehmigungsverfahren, geringere Energiepreise und niedrigere Lohnkosten.
Auch der asiatische Markt steht in Konkurrenz zum deutschen: Hersteller aus China, Korea und Japan produzierten heute schon wettbewerbsfähiger und könnten aufgrund der ähnlichen Technik zu Klimaanlagen weitere Synergien in der Wertschöpfung realisieren, schreiben die Analysten Florian Moll und Christoph Blepp. Insbesondere für kleinere Heizungshersteller werde das Marktumfeld bei diesem Wettrüsten langfristig schwieriger. Sicher sei ein Anstieg der Importe zu erwarten. "Die Wärmepumpe wird deutlich internationaler sein als die klassische Gas- oder Ölheizung."
Branchenkenner gehen davon aus, dass auch beim Viessmann-Verkauf der Druck des asiatischen Marktes eine große Rolle spielte. "Aus dem Viessmann-Unternehmensumfeld heißt es, die heftige Konkurrenz durch die asiatischen Hersteller sei ein wichtiger Grund für den Verkauf an den US-Hersteller. Wenn Viessmann weiter mitspielen wolle, brauche das Unternehmen Größe und Skaleneffekte", schreibt das Handelsblatt. Auch der Wirtschaftsexperte Jens Südekum (Universität Düsseldorf) glaubt, dass sinkende Profitmargen durch den internationalen Wettbewerbsdruck für Viessmann eine entscheidende Rolle gespielt hätten. "Viessmann ist wohl zu dem Schluss gekommen, dass jetzt der optimale Ausstiegszeitpunkt ist, wo der Markt diese Dynamik noch nicht ganz verdaut hat", schreibt Südekum auf Twitter.
Kunden könnten bei Wärmepumpen von sinkenden Preisen profitieren
Gerade durch die politischen Weichenstellungen sind die Firmen im Vorteil, die schnell und in großer Stückzahl liefern können. Deutschen Mittelständlern fällt das mitunter schwer. Carrier-Chef David Gittin bezeichnet die Akquisition deshalb als "spielverändernde Gelegenheit". Die Viessmann-Klimasparte mit 11.000 Teammitgliedern sei entscheidend für die europäische Energiewende. Der europäische Wärmepumpen-Markt werde sich bis 2027 auf rund 15 Milliarden US-Dollar verdreifachen. "Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt", schreibt Firmenchef Max Viessmann in einer Stellungnahme.
Im Jahr 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt Wärmepumpen im Wert von knapp 738,3 Millionen Euro nach Deutschland importiert. Das entspricht einer wertmäßigen Steigerung von 26,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zu 2017 hat sich der Wert mehr als vervierfacht (plus 315,3 Prozent).
Für die Kunden werde der Wettbewerb langfristig niedrigere Preise bei den Geräten bringen, erwartet S&B. Wesentlicher Preistreiber bleibe aber die meist mit hohem Aufwand verbundene Installation. In den entsprechenden Gewerken herrsche weiter Fachkräftemangel. Die starke Bindung der Handwerksbetriebe an die Hersteller bleibe ein entscheidender Vorteil der heimischen Anbieter gegenüber der neuen Konkurrenz aus Asien. Diese erarbeite sich aber eine gute Position beim Elektro-Handwerk, das zunehmend die Installation von Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen übernehmen könne. (mit dpa)