Wer Edzard Reuter in seinem Haus am grünen Rand von Stuttgart besuchte, ließ sich fasziniert mitnehmen auf eine Zeitreise, kaum, dass die Gartentür hinter einem verschlossen war. Es ging in eine Ära, die schon optisch in so großen Kontrast zum modernen Manager-Habitus mit all seinem Status-Geprotze stand, dass es getrost als Statement verstanden werden durfte. Viel Sichtbeton, viel Glas, im Zentrum des Erdgeschosses sein Schreibtisch, dahinter große Regale voller Bücher, im Badezimmer die braunen Fliesen der 70er. Kein Schnörkel, keine Selbstbeweihräucherung, stattdessen echte Kunst und klare Kante. Reuter selbst stand genau für diese Haltung: Obwohl er als Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG einer der Top-Manager dieser Republik war, blieb er zeit seines Lebens Mitglied der SPD. Er geißelte den Drang zur Profit-Maximierung, er forderte Rücksicht auf Umwelt und nachfolgende Generationen. Werte galten ihm als Leitplanken des eigenen Lebens, aber waren auch der Maßstab, den er an andere anlegte. Bis ins hohe Alter mischte er sich immer wieder in aktuelle Debatten ein, nun starb er im Alter von 96 Jahren in seiner Heimat Stuttgart.
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