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Demokratie
Internationale Studie: Nur 60 Prozent der Deutschen bewerten Demokratie positiv
Menschen in China finden Demokratie besser als Menschen in Deutschland? Eine Studie der Open Society Foundations in 30 Ländern liefert teils überraschende Ergebnisse.
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Foto: Jan Woitas, dpa (Symbolbild) | Die Open Society Foundations haben zum ersten Mal untersucht, wie die Welt tickt. Hierfür wurden Menschen aus 30 Ländern weltweit befragt.
Lara Voelter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:32 Uhr

Welche Ängste, Sorgen und Hoffnungen haben die Menschen weltweit? Diesen und einigen anderen Fragen sind die Open Society Foundations (OSF) zum ersten Mal nachgegangen. Das Stiftungsnetzwerk des ungarischen Investors George Soros, 93, hat das erste "Open Society Barometer" erstellt. Am Dienstag wurde es veröffentlicht. Die 30 Länder, in denen Menschen befragt wurden, stellen mit zusammengerechnet 5,5 Milliarden Menschen zwei Drittel der Weltbevölkerung. Es ist eine Art globaler Stimmungscheck; eine der größten bislang durchgeführten weltweiten Studien zur globalen öffentlichen Meinung im Hinblick auf Faktoren wie Menschenrechte und Demokratie. Von nun an soll das Barometer jedes Jahr erhoben werden. Zum Teil liefert die erste Erhebung erstaunliche Ergebnisse.

Die Studie zeigt, dass vor allem jüngere Menschen zwischen 18 und 35 Jahren mit der Demokratie hadern. 42 Prozent halten eine Militärdiktatur für eine durchaus gute Regierungsform. Das bedeutet: Nur 57 Prozent der Altersgruppe glauben daran, dass die Demokratie jeder anderen Regierungsform vorzuziehen sei. Mehr als ein Drittel gibt außerdem an, einen starken Staatsführer zu befürworten, der sich über Wahlen und Parlamente hinwegsetzen kann. 

Studie der Open Society Foundations: Große Mehrheit der Menschen will in Demokratie leben

Auf den ersten Blick wirkt dies erschreckend. Eingeschlossen aller befragter Altersgruppen und Länder wollen jedoch 86 Prozent der Menschen in einer Demokratie leben. Dieser Wert gilt auch für Deutschland. 

Die Ergebnisse sollten allerdings differenziert und im Kontext der jeweiligen Länder betrachtet werden. Denn es stellen sich etwa Fragen wie: Bedeuten Begriffe wie "Demokratie" oder "Meinungsfreiheit" in Ghana überhaupt das Gleiche wie in den USA? In Japan wie in Saudi-Arabien? Und antworten Befragte ehrlich und aus freien Stücken, wenn sie in Ländern leben, die nicht demokratisch sind? Beispielsweise in Russland oder China?

Aufgrund politischer Umstände mussten zwei Fragen umformuliert oder entfernt werden

Insgesamt wurden für die Studie zwischen Mai und Juli mehr als 36.000 Menschen in 30 Ländern weltweit online und mithilfe lokaler Anbieter zur aktuellen Lage befragt. Die OSF haben versucht, eine Art Abbild der Weltbevölkerung rund um den Globus zu schaffen. Mit dabei sind 15 Länder der G20-Staaten. Vertreten sind beispielsweise Indien, USA, China, Brasilien oder Mexiko; in Europa sind es fünf Staaten: Italien, Frankreich, Deutschland, Polen, Großbritannien. Außerdem bedeutend: die Ukraine. 

Von den insgesamt 45 Fragen wurden 43 weltweit gestellt. Zwei Fragen waren speziell auf die Region bezogen, aus der die Befragten stammen. Dabei konnte nicht überall gleich frei gearbeitet werden: Aufgrund politischer Umstände mussten einige Fragen in Saudi-Arabien, Ägypten und der Ukraine umformuliert oder entfernt werden. Welche das waren, ist aus dem vorliegenden Bericht nicht ersichtlich. 

Eine Schwachstelle der Umfrage ist die Anzahl der Befragten. In einem riesigen Land wie Indien ist die Zahl der Befragten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl nicht besonders hoch – die Ergebnisse sind daher nicht unbedingt repräsentativ.

Interessant sind sie dennoch, beispielsweise: 62 Prozent der Menschen in China halten die Demokratie für eine sehr gute Sache. Ob es die Demokratie mit chinesischen Charakteristika ist oder das, was die westliche Welt darunter versteht, ist unklar. Aber der Wert liegt über jenem von Deutschland (60 Prozent). Es lässt sich erahnen, dass der Glaube an die Demokratie in der Bundesrepublik abnimmt. Deutschland liegt damit knapp unter dem Durchschnittswert (62 Prozent) und ebenfalls hinter Ländern wie Ägypten und Argentinien. 

Nur 51 Prozent der Deutschen sehen die Kraft der Menschenrechte

Außerdem denken nur 51 Prozent der befragten Deutschen, dass Menschenrechte zu einer besseren Welt beitragen können. Wohingegen der globale Durchschnitt bei 72 Prozent liegt. Möglicherweise spielt für Deutschland eine Rolle, dass die Themen Zuwanderung und die Aufnahme von Geflüchteten seit 2015 die Gesellschaft und Politik spalten

Schaut man, welche Themen von den Befragten als besonders einschneidend gesehen werden, rückt der Klimawandel an die erste Stelle. Gleichauf mit ihm sind Armut und Ungleichheit. Das zeigt, dass die Menschen die globale Erwärmung nicht als abstraktes Problem begreifen. Eine Mehrheit von 70 Prozent sagt, sie habe Angst davor, im nächsten Jahr direkt mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert zu sein. 

 
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