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München
Wird die Maut noch einmal zum Wahlkampf-Hit?
Die versenkten 243 Millionen Euro für die Maut drohen Ministerpräsident Söder vor der Landtagswahl auf die Füße zu fallen. Die CSU versucht, das lästige Thema loszuwerden.
Andreas Scheuer.jpeg       -  Der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sieht die Schuld am Maut-Debakel nicht nur in der CSU.
Foto: Lisa Ducret, dpa (Archivbild) | Der frühere Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sieht die Schuld am Maut-Debakel nicht nur in der CSU.
Michael Stifter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:05 Uhr

Einst war die Maut ein regelrechter Wahlkampfschlager der CSU. In Bierzelten, auf Marktplätzen, in Talkshows und Interviews konnten der damalige Parteichef Horst Seehofer und sein strategischer Hintermann Alexander Dobrindt gar nicht genug davon bekommen. Ein Jahrzehnt später, die Maut ist längst zum millionenschweren Totalschaden geworden, nehmen Politikerinnen und Politiker der CSU schnell mal eine rhetorische Behelfsausfahrt, wenn die Sprache auf das Thema kommt. Wird die Maut nun zum Wahlkampfschlager der anderen?

Das Maut-Projekt kostete 243 Millionen Euro an Steuergeldern

Wie soll man auch halbwegs schlüssig erklären, dass ein Verkehrsminister die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um 243 Millionen Euro gebracht hat, weil er voreilig und trotz rechtlicher Bedenken seine Unterschrift unter Verträge gesetzt hat? So hoch ist der Schadenersatz, den der Staat den Vertragspartnern für das geplatzte Geschäft bezahlen muss. Und der CSU bleibt nicht mehr übrig, als zu versuchen, halbwegs gesichtswahrend aus dieser Nummer herauszukommen. Nur wie? Der verantwortliche Ex-Minister Andreas Scheuer versucht es mit einer Art Vergemeinschaftung der Schuld. Die Maut, so die Argumentation des Niederbayern, sei schließlich kein alleiniges CSU-Projekt gewesen. Diese Interpretation dürfte der 48-Jährige allerdings exklusiv haben. 

Schließlich schluckte der damalige Koalitionspartner SPD die Kröte nur, um im Gegenzug eigene Vorschläge im Regierungsprogramm unterzubringen. Und die CDU mit Kanzlerin Angela Merkel zog sich aus der Affäre, indem sie der bayerischen Schwesterpartei die kaum einzulösende Bedingung ins Hausaufgabenheft schrieb, die Maut sei schon in Ordnung, sie müsse nur eben juristisch wasserdicht sein. War sie bekanntlich nicht. Der Europäische Gerichtshof stoppte das Projekt schließlich im Sommer 2019.

Auch wenn Scheuers Selbstbewusstsein keine bleibenden Schäden davongetragen hat ("Ich habe eine andere Rechtsauffassung als der EuGH"), steht unter dem Strich ein finanzielles wie rufschädigendes Desaster, das der CSU nun vor der Landtagswahl im Oktober um die Ohren fliegen könnte.

Söder: "Das mit der Maut ist tatsächlich schlicht und einfach schlecht gelaufen"

Ministerpräsident Markus Söder wäre dann der Hauptleidtragende. Und so war ihm der körperliche Schmerz beinahe anzusehen, als er am Rande der Klausur der CSU-Bundestagsabgeordnete in Kloster Andechs auf die versenkten Maut-Millionen angesprochen wurde. "Das mit der Maut ist tatsächlich schlicht und einfach schlecht gelaufen und war am Ende ein echtes Problem", sagte Söder im ZDF. "Einfach ärgerlich" sei das. Doch ganz so kleinlaut wollte er dann offenbar doch nicht klingen und fügte mit Bezug auf den Schaden von 243 Millionen Euro hinzu: "Ich kann nicht beurteilen, ob am Ende diese Zahl wirklich so war oder nicht." Hinter vorgehaltener Hand versuchen es CSU-Leute sogar mit dem Dreh, dass ursprünglich ja sogar noch ein weit höherer Schadenersatz im Raum gestanden hatte, nämlich 560 Millionen Euro. Die These: Die verhinderten Maut-Betreiber seien sich ihrer Sache womöglich doch nicht so sicher gewesen, wenn sie sich stattdessen mit 243 Millionen Euro zufriedengeben. Alles also halb so wild? 

Ganz so einfach wird die CSU die lästige Geschichte wohl nicht loswerden, zumal die anderen Parteien in den kommenden Wochen jede Gelegenheit nutzen werden, um aus der Maut Munition für den eigenen Wahlkampf zu machen. Und so heißt die Devise der CSU intern: Möglichst wenig Gelegenheiten dazu bieten. Ob das bei Andreas Scheuer auch schon angekommen ist, bleibt allerdings offen. In der CSU hätte sich mancher mehr ehrliches Bedauern statt dünner Ablenkungsversuche vom verantwortlichen Minister gewünscht. "Nicht alles, was der Andi macht, ist hilfreich", sagt ein Parteistratege trocken. Die politischen Mitbewerber werden das womöglich etwas anders sehen.

 
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