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Berlin
Die Unsicherheit ist vor der Weltklimakonferenz groß
In Dubai wird die Weltklimakonferenz abgehalten. Die Hoffnungen auf greifbare Ergebnisse waren schon deutlich größer. Dabei wird die Bundesregierung von der Justiz erneut unter Druck gesetzt.
Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai.jpeg       -  Rund 70.000 Unterhändler, Journalisten, Aktivisten und Fachleute werden bei der UN-Weltklimakonferenz in Dubai erwartet.
Foto: Wang Dongzhen, dpa | Rund 70.000 Unterhändler, Journalisten, Aktivisten und Fachleute werden bei der UN-Weltklimakonferenz in Dubai erwartet.
Stefan Lange
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:49 Uhr

Das Expo-Gelände in Dubai liefert als Veranstaltungsort der Klimakonferenz COP28 vielleicht so etwas wie einen Vorgeschmack darauf, wie sich das Leben in ein paar Jahren anfühlen könnte: Auf einem riesigen Gelände mit viel Plastik und Beton sowie einigen wenigen Pflanzen huschen Menschen von einem klimatisierten Gebäude ins nächste. Unter freiem Himmel hält es niemand lange aus. Dass auch andere Länder sich in einen Glutofen verwandeln, ließe sich vermeiden, wenn Dubai als Gastgeber der Konferenz in die Geschichte eingeht und die COP28 handfeste Ergebnisse bringt. Resultate also, die sich auf die fortschreitende Erderwärmung auswirken und diese stoppen, zumindest aber signifikant verlangsamen. Der deutsche Bundeskanzler ist dabei. Olaf Scholz nimmt sich allerdings nur wenig Zeit. 

Es gab schon Weltklimakonferenzen, zu denen die deutsche Delegation mit deutlich mehr Enthusiasmus anreiste als zu dieser COP28. Fragen zum Abschlussdokument etwa werden in Regierungskreisen mit einem Achselzucken quittiert. Das liegt einerseits am Ablauf einer solchen Konferenz: Staats- und Regierungschefs wie Kanzler Scholz fliegen meist nur zu Beginn ein, die eigentliche Arbeit findet in den zwei Wochen danach statt. Doch bei anderen UN-Klimakonferenzen gab es vor Beginn zumindest schon eine gewisse Ahnung, wohin die Reise gehen wird. 

Unsicherheit vor COP28 groß: China ist ein Problem

Diesmal sind die Unsicherheitsfaktoren so groß, dass im Vorfeld der COP schon fast Resignation zu spüren ist. China steht dabei beispielhaft für die Probleme dieses Formats. Die Chinesen zählen einerseits zu den Nationen mit dem höchsten Zubau an erneuerbaren Energien. Andererseits baut das Land viele neue Kohlekraftwerke, um den Stromhunger der rasant wachsenden heimischen Industrie zu befriedigen. China sieht sich selbst immer noch als Entwicklungsland, fühlt sich eher in der Rolle des Nehmers denn des Gebers. Bei der COP27 im ägyptischen Scharm el Scheich weigerte sich die Delegation aus Peking deshalb zunächst, Geld in den geplanten Fonds zur Reparatur von Klimaschäden („Loss and Damages“, Verluste und Schäden) einzuzahlen. Mittlerweile hat sich die Zahlungsmoral etwas gebessert. Das Ziel von 100 Milliarden US-Dollar für den Fonds ist aber noch nicht erreicht. 

Das gilt so auch für viele andere Vorhaben, die seit dem Start 1995 in Berlin von der COP verabredet wurden. Ganz vorne steht das Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das entsprechende Übereinkommen von Paris („Paris Agreement“) von 2015 sowie seine Vertiefung sechs Jahre später in Glasgow sind zwar ernst gemeint, in der Realität aber doch nicht mehr als Lippenbekenntnisse. Scholz wird in Dubai weiter für das 1,5-Grad-Ziel werben. Es sei schwieriger zu erreichen, aber „noch nicht außerhalb der Reichweite“, verlautete dazu in Regierungskreisen mit einem resignierten Unterton. 

Scholz wird frühzeitig wieder abreisen - wegen Haushaltsberatungen

Nach seiner für Freitagmorgen geplanten Hinreise ist die Rückreise des Kanzlers bereits am Samstagvormittag vorgesehen. Aus Ampelkreisen hieß es, der Kanzler wolle am Abend bei einem weiteren Koalitionsausschuss über den Haushalt 2024 beraten. Die Unwägbarkeiten beim Etat fürs nächste Jahr bremsen den Auftritt der sonst so selbstbewussten Deutschen in Dubai weiter aus. 

Ohnehin hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die sowieso schon schwierige Gratwanderung der Regierung zwischen Klima und Knete noch einmal erschwert. Auf eine Klage von Umweltverbänden hin hat das Gericht die Bundesregierung zu Sofortprogrammen für die Sektoren Verkehr und Gebäude verurteilt, um die Klimaschutzziele bis 2030 zu sichern. Denn: Deutschland hat sich zwar ehrgeizige Klimaziele gesetzt, aber mit der Umsetzung hapert es. Denkbar wären etwa ein Tempolimit, die Streichung von Steuervorteilen für Diesel oder Dienstwagen oder eine neue Sanierungswelle für Gebäude. Lauter Streitthemen für die Ampel, die damit kurz nach dem Karlsruher Haushaltsurteil noch tiefer in die Klemme gerät. Dieses Klima-Urteil könnte zudem fast jeden im Land berühren – wenn es denn umgesetzt wird. 

Gegen die Urteile kann noch Revision eingelegt werden, ein hochrangiges Regierungsmitglied räumte aber bereits Nachbesserungsbedarf ein. Die Lage ist kompliziert, weil die Ampel im Frühjahr verabredet hatte, genau die jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln zu ändern. Künftig sollen nicht mehr für jeden Sektor Jahresziele verpflichtend sein. Vielmehr soll nur noch die Einhaltung der Gesamtziele beim Klimaschutz zählen. Die Reform des Klimaschutzgesetzes ist aber noch nicht beschlossen und umstritten. Bereits bei der ersten Lesung hatten Politiker von SPD und Grünen Einwände erhoben. Nun könnte die Novelle wackeln. 

 
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