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Peking
Seit Wochen verschwunden: China löst Außenminister Qin Gang ab
Seit einem Monat verpasst Chinas Außenminister Qin Gang einen wichtigen Termin nach dem anderen. Jetzt hat Peking ihn seines Amtes enthoben – und schweigt weiter.
Chinas Außenminister Qin.jpeg       -  Qin Gang ist nicht länger Außenminister von China. Wo er sich aufhält, ist nicht bekannt.
Foto: Mark Schiefelbein, dpa | Qin Gang ist nicht länger Außenminister von China. Wo er sich aufhält, ist nicht bekannt.
Fabian Kretschmer
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:02 Uhr

Die Nachricht war in China binnen Sekunden das meistgeteilte Thema im sozialen Netzwerk Weibo: Der seit Wochen unter rätselhaften Umständen verschwundene Außenminister Qin Gang ist seines Amtes enthoben worden. Seit Wochen wurde über das Schicksal des 57-Jährigen spekuliert. Es ist der wohl größte politische Skandal innerhalb des chinesischen Parteiapparats seit Jahren, und weiterhin bleiben die wichtigsten Fragen unbeantwortet: Warum wurde Qin konkret geschasst? Und wo hält er sich gerade auf? Selbst wenn die Kommunistische Partei schon bald eine offizielle Erklärung nachreichen wird, gilt es angesichts der Intransparenz des Systems als überaus unwahrscheinlich, dass die Weltöffentlichkeit je erfahren wird, was sich genau hinter den Kulissen zugetragen hat.

Dabei galt der in der nördlichen Provinz Hebei geborene Qin Gang als regelrechter Shootingstar innerhalb der Kommunistischen Partei. In seinem Berufsleben diente er fast durchgängig dem Außenministerium. Bei den täglichen Pressekonferenzen des Ministeriums erarbeitete sich Qin Gang mit seinen konfrontativen und nationalistischen Antworten einen Ruf als chinesischer „Wolfskrieger“. Später, als Botschafter in Washington, zeigte er auch Charme und Weltgewandtheit. Unvergessen bleibt sein Besuch beim Basketballspiel der Washington Wizards, als er während der Pause locker ein paar Körbe auf dem Platz warf – selten hat man einen chinesischen Botschafter so locker erlebt.

Vermisster Qin Gang war ein Shootingstar der chinesischen Politik

Als Qin Gang Anfang des Jahres zum Außenminister ernannt wurde, schien dies der letzte Beweis, dass der Spitzendiplomat einen exzellenten Draht zu Staatschef Xi Jinping hat. Doch der scheint gerissen. Unbeeindruckt von der Weltöffentlichkeit kümmerte sich der Sicherheitsapparat nicht um eine gesichtswahrende Erklärung – sondern ließ Qin Gang einfach spurlos verschwinden.

Im scharf zensierten Internet Chinas wird wild spekuliert, was mit dem Minister geschehen ist. Ist der Minister krank? Oder wird gegen ihn wegen Korruption ermittelt? Die am weitesten verbreitete Theorie lautet, dass Qin Gang eine Affäre mit einer Hongkonger Fernsehjournalistin geführt, ja möglicherweise sogar ein uneheliches Kind gezeugt habe. Von dekadenten Geschenken an die junge Frau ist die Rede. Bestätigt ist nichts davon.

Immer wieder verschwinden in China Prominente

Die Geheimniskrämerei stößt auch in China auf Kritik. Allerdings ist das Verschwinden hoher Beamter, Prominenter und Geschäftsleute in China nicht ungewöhnlich. Oft stellt sich später heraus, dass sie in Ermittlungen oder andere Kontroversen verwickelt waren. Einer der bekanntesten Fälle der letzten Jahre ist der des ehemaligen chinesischen Interpolchefs Meng Hongwei, der 2018 während einer Reise in seine Heimat China verschwand. Zwei Jahre später verurteilte ihn ein Gericht wegen der Annahme von Bestechungsgeldern zu einer langjährigen Haftstrafe.

 
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