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Augsburg/Berlin
Kommt die Beschaffung für die Bundeswehr jetzt endlich in Schwung?
Verteidigungsminister Boris Pistorius baut das Beschaffungswesen um. Doch bis die Lücken bei der Bundeswehr gefüllt sind, wird es trotzdem noch dauern.
Panzerhaubitze 2000.jpeg       -  14 Stück der Panzerhaubitze 2000 hat die Bundeswehr an die Ukraine abgegeben. Jetzt wurde Nachschub gekauft.
Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild) | 14 Stück der Panzerhaubitze 2000 hat die Bundeswehr an die Ukraine abgegeben. Jetzt wurde Nachschub gekauft.
Bernhard Junginger, Matthias Zimmermann
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:25 Uhr

Die Beschaffung für die Bundeswehr nimmt Schwung auf – doch aus Politik und Wirtschaft kommt Kritik, dass dies zu langsam geschieht. Florian Hahn, der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, nennt die Ausstattung der Bundeswehr "auch nach einem Jahr Krieg in Europa weiterhin völlig unzureichend". Unserer Redaktion sagte der CSU-Politiker: "Das verlorene erste Jahr Sondervermögen ohne eine einzige nennenswerte Beschaffung wird sich leider nicht so schnell aufholen lassen, wie das notwendig wäre." 

Die Industrie bescheinigt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), für frischen Wind bei der Beschaffung gesorgt zu haben. Susanne Wiegand, Chefin des Augsburger Spezialgetriebebauers Renk, dessen Produkte Kernbauteile ganz vieler Kettenfahrzeuge sind, sagte unserer Redaktion: "Minister Pistorius setzt richtige Impulse, er sorgt auch für frischen Wind durch neue Köpfe in Spitzenpositionen. Das allein wird jedoch nicht reichen. Es müssen auch Prozesse, Strukturen und Verfahren neu aufgesetzt werden." 

Verteidigungsminister Boris Pistorius scheut nicht den großen Umbau

Dass er den großen Umbau nicht scheut, hat Pistorius mit einigen Entscheidungen bereits unterstrichen. Vor Ostern machte er bekannt, dass er im Ministerium künftig wieder auf einen Planungsstab setzt. Zuvor hatte er schon den Generalinspekteur, eine Staatssekretärin und die Präsidentin des Beschaffungsamtes BAAINBw ausgetauscht. Und auch beim Material tut sich etwas.

Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat jüngst den Kauf von zehn neuen Panzerhaubitzen 2000 im Wert von 184 Millionen Euro genehmigt. 14 dieser Waffensysteme hat Deutschland an die Ukraine abgegeben. Es dauert aber noch bis zum Jahr 2025, bis der Ersatz anrollt. Der Vertrag mit Krauss-Maffei Wegmann enthält zudem Optionen zum Bezug von insgesamt 18 weiteren Haubitzen in drei Losen zu je sechs Systemen. 

Auch ein Rahmenvertrag über die Lieferung von 123 Leopard-2-Panzern ist unterzeichnet. Dies soll der Industrie Planungssicherheit verschaffen und die Ersatzlieferungen beschleunigen. Die Panzer sind nicht alle für die Bundeswehr, Teil des Vertrages sind auch die von anderen Nationen angemeldeten Bedarfe. Nach Informationen unserer Redaktion könnte demnächst auch die Freigabe für das zweite Los der Puma-Schützenpanzer kommen, das Christine Lambrecht (SPD) als Vorgängerin von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kurz vor Weihnachten wegen eines großflächigen Ausfalls gestoppt hatte.

Industrievertreterin fordert eine Task Force

Eine aktivere Rolle wünscht sich Wiegand, die auch im Bundesverband der Deutschen Industrie dem Ausschuss für Sicherheit vorsitzt, vor allem für das Beschaffungsamt. "Wir haben nun seit bald 14 Monaten Krieg in der Ukraine. Ich vermisse aber immer noch den nötigen Ruck im System", sagte Wiegand. "Ich hielte es für eine ausgezeichnete Idee, wenn das Verteidigungsministerium mit dem Beschaffungsamt eine Task Force einrichten würde, in der konkreter Bedarf und tatsächliche Verfügbarkeiten der Industrie abgeglichen werden. Das würde für alle Beteiligten in kurzer Zeit mehr Planungssicherheit bringen", erklärte Wiegand. 

Die Union drängt ebenfalls auf mehr Tempo bei der Beschaffung. Verteidigungsexperte Hahn sagte, jenseits der prestigeträchtigen Großvorhaben wie der Beschaffung des F-35-Jets sei "nicht viel passiert". Obwohl die Probleme dem Verteidigungsministerium seit langem bekannt seien, wurde, so Hahn, "bis heute nicht ein Schuss Artilleriemunition bestellt". Material, das an die Ukraine abgegeben wurde, werde weiter viel zu langsam ersetzt, kritisierte er. Es seien "die eigenen Leute" von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die "im Haushaltsausschuss derzeit jede Menge Verträge zum Sondervermögen blockieren". Hahn weiter: "Das zeigt, dass die Zeitenwende offenbar immer noch nicht in den Köpfen der Regierung angekommen ist." 

Selbst im Lager der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wächst die Ungeduld. Der Grünen-Politiker Toni Hofreiter lobte gegenüber unserer Redaktion zwar, "dass Verteidigungsminister Pistorius die Beschaffung von Kampf- und Schützenpanzern sowie weiterem Gerät angeht und entstandene Lücken auffüllen will". Doch der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag drängt zu mehr Tempo: "Wichtig ist, dass schnell bestellt wird, damit Lieferzeiten und Kosten nicht noch weiter steigen."

 
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