Es gibt dieses, einst von Jürgen Klopp aufgestellte, Reputations-Diktum. Demnach ist es weniger entscheidend, was über einen gesagt wird, wenn er wohin kommt, als vielmehr das, was die Leute sagen, wenn er geht. In diesem Sinn ist Andreas Scheuers letzte Woche als niederbayerischer Bezirksvorsitzender halb-top gelaufen.
Erst wurde bekannt, dass der Bund wegen des gescheiterten Pkw-Maut-Projekts 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen muss, wofür der vormalige Bundesverkehrsminister (CSU) verantwortlich gemacht wird. In Leitartikeln landauf und landab wurden Scheuers Werk und Horst Seehofers Beitrag zu diesem christsozialen Debakel seziert.
Spiegel-Bericht: Scheuer reagiert nach AfD-Antrag zunächst nicht
Dann, die Woche war fast geschafft, meldete der Spiegel am Freitagabend, dass CSU-Abgeordnete im Bundestag mit der AfD gestimmt hätten. Einer von ihnen: Scheuer.
Was war passiert? Alexander Radwan und eben Scheuer hatten im Europa-Ausschuss für einen Antrag der extrem rechten AfD gestimmt, die Abstimmung über einen kurzfristig vorgelegten Gesetzentwurf von der Tagesordnung zu streichen. Radwan erklärte dies später damit, dass er davon ausgegangen sei, der Antrag sei von der Union gekommen. "Wir hatten dies schließlich als Erste thematisiert", sagte er dem Nachrichtenmagazin.
Bundestagsabgeordnete der Grünen hatten diese Version allerdings infrage gestellt. Radwan wiederum wies im Anschluss den Verdacht einer Nähe zu der rechten Partei entschieden zurück: "Mein Vater ist vor über 60 Jahren aus Nordafrika eingewandert. Mir zu unterstellen, ich würde gemeinsame Sache mit der AfD machen, ist an Absurdität nicht zu überbieten", sagte er der Deutschen Presse Agentur und fügte an: "Das ist ein erneuter Versuch, Kolleginnen und Kollegen im Bundestag, die nicht der Meinung der Ampel sind, mit der rechten Keule mundtot zu machen." Der CSU-Abgeordnete betonte ferner, er stehe voll hinter dem Grundsatz der Union, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben könne. "Wollte die Union an diesem Grundsatz rütteln, würde ich mich als Erster mit allen Mitteln dagegen wehren".
Scheuer hatte sich gegenüber dem Spiegel trotz mehrfacher Anfrage, wie das Magazin schreibt, zunächst nicht geäußert. Er bestätigte dann aber am Rande des Bezirksparteitags der CSU im niederbayerischen Dingolfing gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass auch er im besagten Ausschuss für einen AfD-Antrag gestimmt habe: "Mir war so, als hätte es sich um einen Antrag von uns gehandelt", sagte der Ex-Minister dem BRwörtlich. Weiter erklärte er, dass im Ausschuss durch verschiedene Absetzungsanträge ein Durcheinander entstanden sei. Drei dieser Anträge seien seinen Angaben zufolge von der CSU gekommen. Daneben habe es auch Anträge von der AfD gegeben. Es habe sich bei dem AfD-Antrag jedoch um einen Antrag ohne inhaltliche Prägung gehandelt. Scheuer sagte: "Da wird ein Elefant aufgeblasen. In dem Antrag ging es nur um Verfahrensfragen."
Bauminister Christian Bernreiter folgt auf Andreas Scheuer
Wenig später dann gab Scheuer nach mehr als sieben Jahren den CSU-Bezirksvorsitz in Niederbayern ab. Auf dem Bezirksparteitag in Dingolfing wurde der bayerische Bauminister Christian Bernreiter mit rund 98 Prozent der Stimmen zu seinem Nachfolger gewählt, wie ein Parteisprecher berichtete. Scheuer hatte bereits zum Jahresanfang angekündigt, dass er nicht noch einmal als Bezirksvorsitzender kandidieren werde. Der 48 Jahre alte Bundestagsabgeordnete hatte den Bezirksverband seit Februar 2016 geleitet. Einen Gegenkandidaten hatte der 59-Jährige Bernreiter nicht.
"Mit dem neuen Bezirksvorsitzenden Christian #Bernreiter beginnt eine neue Ära", twitterte Parteichef Markus Söder nach der Wahl. (mit dpa)