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Berlin
Wie nah liegen die Positionen von AfD und Sahra Wagenknecht zusammen?
Das Bündnis Sahra Wagenknecht will die Alternative zur Alternative für Deutschland sein. Trotz eklatanter Unterschiede gibt es auch überraschende Gemeinsamkeiten.
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Foto: Michael Kappeler, dpa | Sie ist das Gesicht des neuen Bündnisses Sarah Wagenknecht. Ist es eine Alternative zur AfD?
Paul Runge
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:10 Uhr

Sie stehen an den beiden äußeren Rändern der Parteienlandschaft in Deutschland: die AfD und der neue Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht“, kurz BSW. Während sich die AfD über die besten Umfragewerte auf Bundesebene seit der Parteigründung freuen darf, muss sich das am Montag in Berlin vorgestellte Bündnis erst noch beweisen. Die Namensgeberin ist mit 16 Parteikolleginnen und -kollegen – davon zehn Bundestagsabgeordnete – aus der Linken ausgetreten und bereitet eine eigene Parteigründung vor.

AfD bot Sahra Wagenknecht sogar die Zusammenarbeit an

Im gleichen Atemzug präsentierte die promovierte Volkswirtin das Manifest ihres neuen Vereins. Verkündet wird eine Kehrtwende, ein Angebot an all die, die das „Vertrauen in den Staat verloren“ haben. Denn: „Die Regierung wirkt planlos, kurzsichtig und in vielen Fragen schlicht inkompetent.“ Mit diesen Aussagen und dem Vorwurf eines „autoritären Politikstils, der den Bürgern vorschreiben will, wie sie zu leben, zu heizen, zu denken und zu sprechen haben“, schlägt das BSW in die gleiche Kerbe, die unermüdlich von der AfD bearbeitet wird. Ganz unangebracht ist ein Vergleich schon deshalb nicht, da die AfD bereits eine Zusammenarbeit mit Wagenknecht in Betracht zog – was diese am Montag allerdings vehement ablehnte. Trotzdem: Wie viel AfD steckt also in ihrem neuen Bündnis? 

Migration Wo die AfD Multikulturalismus in ihrem Grundsatzprogramm als „ernste Bedrohung für den sozialen Frieden“ bezeichnet, sieht das BSW eine Bereicherung im Miteinander der verschiedenen Kulturen. Aber: Nur solange die Infrastruktur in Deutschland nicht überfordert sei und die Integration aktiv gefördert werde und gelinge. Für politisch Verfolgte gelte weiterhin das Recht auf Asyl. Forderungen nach Ausreisepflicht gegenüber Ausländern oder der Verknappung sozialer Hilfe auf ein Minimum an Sachleistungen wie von der AfD finden sich beim BSW nicht. 

AfD und BSW wünschen sich mehr Unabhängigkeit von der EU

Europapolitik So weit wie die AfD – eine offene Ablehnung der Europäischen Union (EU) als „Bundesstaat“ bis hin zu einem Austritt Deutschlands – geht das BSW zwar nicht, fordert aber weniger Machtbefugnisse für die Europäische Kommission. Wie Wagenknecht am Montag mitteilte, mache die Kommission „nur das Leben schwer“. Längerfristig werde eine „stabile Sicherheitsarchitektur“ souveräner Demokratien in Europa benötigt, die Russland einschließen soll – die AfD geht sogar einen Schritt weiter und sieht Russland sogar als zukünftigen Partner darin. Im Kern wünschen sich beide politischen Lager mehr Souveränität der Nationalstaaten in Europa.

Energie- und Klimapolitik Schon im Grundsatzprogramm bezweifelt die AfD den menschengemachten Klimawandel und sieht in der Windenergie mehr Schaden als Nutzen. Dem BSW geht es beim Klima vor allem ums Geld – Energie solle bezahlbar bleiben. „Blinder Aktivismus“ helfe dabei ebenso wenig wie „undurchdachte Maßnahmen“, allein durch die Erneuerbaren sei der Energiebedarf in Deutschland nicht zu stemmen. Echte Klimapolitik bedeute daher die „Entwicklung innovativer Schlüsseltechnologien“ – und eventuell eine Rückkehr zum russischen Gas. Durch eine unbedachte Klimapolitik verspiele man zudem die öffentliche Akzeptanz gerechtfertigter Klimaschutzmaßnahmen.

Zwischen der AfD und dem Wagenknecht-Bündnis gibt es einige Überschneidungen

Wirtschaft Ähnlich wie die AfD sieht das Wagenknecht-Bündnis die wirtschaftliche Kraft Deutschlands vor allem in einem starken Mittelstand und fordert weniger staatliche Regulierung. Der Bundesregierung attestiert das Manifest Kartellversagen und Lobbyismus und sieht die Ursache der schwindenden Wirtschaftsleistung in überbordender Bürokratie und „marktbeherrschenden Großunternehmen“ – welche die „Demokratie zerstören“. Als Konsequenz sind gerechte Steuern, fairer Wettbewerb und „massive“ Investitionen in die Infrastruktur und das Bildungssystem geplant.

Sozialpolitik Der für das BSW alles verknüpfende Bereich ist die soziale Gerechtigkeit. Leistung müsse sich wieder lohnen, und die Umverteilung „zu den oberen Zehntausend“ gestoppt werden. Politik müsse wieder am Gemeinwohl ausgerichtet werden. Geplant sind Entlastungen der Geringverdiener, gerechte Löhne und ein besserer Zugang zum Gesundheitssystem. Hier werden die größten Unterschiede zur AfD deutlich. Während das BSW einen zuverlässigen Sozialstaat verspricht, der fundamentale Grundbedürfnisse wie Wohnraum, die Gesundheitsversorgung oder die Arbeitslosenversorgung verstärkt in öffentliche und gemeinnützige Hände legt, setzt die AfD auf „Arbeitsanreize“ und verpflichtende „Bürgerarbeit“ bei sukzessiv sinkender Unterstützung. 

Überschneidungen der beiden Parteien gibt es also durchaus. Ist die Sozialpolitik des BSW im linken Parteienspektrum anzusiedeln, schlägt das Pendel bei Migration, Wirtschaft und Außenpolitik eher in den konservativen Bereich aus. 

 
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