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Brüssel
Anschläge von Brüssel 2016: Terroristen als Mörder verurteilt
Im Prozess um die islamistischen Anschläge in Brüssel 2016 sind acht Männer schuldig gesprochen worden. Bei den Attentaten wurden mehr als 30 Menschen getötet.
Brüsseler Terrorprozess.jpeg       -  Die Angeklagten Islamisten saßen während des Prozesses um die Brüsseler Terroranschläge von 2016 in einem speziell entworfenen Glaskasten
Foto: Olivier Matthys, pool EPA/AP/dpa | Die Angeklagten Islamisten saßen während des Prozesses um die Brüsseler Terroranschläge von 2016 in einem speziell entworfenen Glaskasten
Katrin Pribyl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:01 Uhr

18 lange Tage hatten sie abgeschirmt an einem geheimen Ort nahe der belgischen Hauptstadt beraten, 287 Fragen abgearbeitet, die endlich zur Entscheidung der zwölf Geschworenen und ihrer 24 Ersatzleute führen sollten. Sind die zehn Angeklagten, die wegen Mordes und versuchten Mordes in einem terroristischen Kontext angeklagt waren, schuldig oder nicht schuldig? Am Dienstagabend gab es beim Mammut-Strafprozess um die islamistischen Terroranschläge des 22. März 2016 in Brüssel die Antwort der Jury: Acht Männer wurden schuldig, zwei freigesprochen.

Es herrschte völlige Stille, als die Vorsitzende Richterin Laurence Massart noch einmal den Schrecken dieses 22. März 2016 beschrieb, das "totale Chaos" schilderte, als drei Bomben am Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek im Europaviertel explodierten. 15 Männer und 17 Frauen wurden getötet, mehr als 300 Menschen verletzt. "Sie hielten einander an den Händen, einige für ihre letzten Augenblicke im Leben, andere, um zu helfen, den Schmerz auszuhalten", las die Richterin vor. Immer wieder wurde es emotional, gleichwohl beschrieben Beobachter die Urteilsbegründung als "nuanciert" und "angemessen". Seit Dezember letzten Jahres hatten Richter, Geschworene, Ermittler und Anwälte hunderte von Zeugenaussagen, DNA-Analysen und Beweisstücke aller Art geprüft. 

Mit Spannung wurde das Urteil gegen den bekanntesten Angeklagten Salah Abdeslam erwartet

Mit Spannung wurde insbesondere das Urteil gegen den bekanntesten Angeklagten erwartet: Salah Abdeslam. Der im Brüsseler Stadtteil Molenbeek geborene und aufgewachsene Franzose wurde bereits beim Prozess in Paris zur Anschlagsserie am 13. November 2015 in der französischen Hauptstadt zu lebenslanger Haft ohne die Aussicht auf vorzeitige Entlassung verurteilt. Bei den Attentaten, unter anderem auf die Konzerthalle Bataclan, hatten Extremisten 130 Menschen getötet und 350 weitere verletzt. Abdeslam ist der einzige Überlebende des Terrorkommandos. Er war damals entkommen und nach einer viermonatigen Suche im März 2016 in Brüssel verhaftet worden, vier Tage vor den Explosionen in der belgischen Hauptstadt. Deshalb hatte Abdeslam für die Anschläge in Brüssel jede Verantwortung abgestritten. Er habe "von nichts" gewusst. 

Die Geschworenen überzeugte das nicht, sie folgen der Staatsanwaltschaft, die ihn als vollwertiges Mitglied der Brüsseler Terrorzelle betrachtete. Als Belege dienten mit ihm in Verbindung gebrachte Schriftwechsel, in denen seine Entschlossenheit herauskam, in Belgien zu bleiben, um nach den Anschlägen in Paris "die Arbeit zu beenden". Wie fünf weitere Angeklagte, wurde Abdeslam wegen Mordes, versuchten Mordes in einem terroristischen Kontext sowie Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung schuldig gesprochen. Sowohl die Pariser als auch die Brüsseler Anschläge beanspruchte die dschihadistische Miliz des sogenannten "Islamischen Staats" für sich.

Neun der zehn Männer, denen der Prozess gemacht wurde, waren anwesend. Oussama Atar, der als der mutmaßliche Auftraggeber gilt, fehlte. Die Behörden gehen davon aus, dass er in der Zwischenzeit in Syrien gestorben ist. Verurteilt wurde dagegen der Belgier Mohamed Abrini. Der Islamist marokkanischer Abstammung fuhr mit zwei weiteren Islamisten zum Brüsseler Flughafen, sollte einen Sprengstoffgürtel zünden. Als er jedoch Frauen und Kinder in der Warteschlange entdeckte, sei er wieder umgekehrt, sagte er während des Prozesses aus. Abrini war ebenfalls bereits wegen seiner Verwicklung, in die in Paris verübten Anschläge zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Auch Osama Krayem, der einen mit Sprengstoff gefüllten Rucksack Richtung U-Bahn trug, schreckte nach eigenen Angaben im letzten Moment zurück – und wurde nun genauso als Mörder im Sinne der Anklage schuldig gesprochen wie drei Männer, die den Sprengstoff gemischt und die Anschläge mitgeplant haben.

Die Geschworenen befanden zudem, dass die bisherige offizielle Zahl von 32 Todesopfern durch die Anschläge korrigiert werden muss. Der Tod dreier Menschen, die in der Folge der Attentate durch Sterbehilfe, Suizid und einer aufgrund der erlittenen Verletzungen nicht behandelten Krebserkrankung gestorben sind, seien ebenso den Terroristen zuzurechnen.

Nach dem Urteil: Erleichterung bei fast 1000 Nebenklägern

Damit geht der Hauptteil des spektakulärsten Prozesses der jüngeren belgischen Geschichte zu Ende. Im September wird das Gericht zwar noch über das jeweilige Strafmaß befinden. Doch die Erleichterung der fast 1000 Nebenkläger, darunter zahlreiche Hinterbliebene, war spürbar. Adrien Masset und Guillaume Lys, zwei Vertreter der Nebenklage, lobten die "gute Arbeit der Justiz" und sprachen von einem "ernsthaften, gut begründeten, kraftvollen Urteil", das vernünftig zwischen jedem der Angeklagten unterscheide. 

 
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