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Rom
Hängt Giorgia Meloni Italiens Süden ab?
Die Regierung gewährt den Regionen des Landes mehr Eigenständigkeit. Warum das Gesetz so umstritten ist und wer dahintersteckt.
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Foto: Alessandro Della Valle, dpa | Giorgia Meloni und ihre Regierung haben ein weiteres heiß diskutiertes Gesetz verabschiedet.
Julius Müller-Meiningen
 |  aktualisiert: 27.06.2024 02:48 Uhr

Nur einen Tag nach Abstimmung über eine weitreichende Verfassungsreform mit der Einführung der Direktwahl des Ministerpräsidenten hat Italiens Rechtskoalition am Mittwoch in letzter Lesung ein umstrittenes Autonomiegesetz verabschiedet. Die 20 italienischen Regionen bekommen damit das Recht, in Bereichen wie Bildung und Gesundheit mehr eigenständige Entscheidungen zu fällen. Die Reform hat auch finanzielle Auswirkungen. So können die Regionen künftig eigenständiger über die Verwendung von Steuergeldern entscheiden. Kritiker befürchten allerdings eine Benachteiligung des weniger entwickelten Südens des Landes, genannt mezzogiorno.

Die sogenannte Teil-Autonomie ist ein zentrales politisches Projekt der an der Regierung von Giorgia Meloni beteiligten rechtsnationalen Lega. Als Lega Nord verlangte die Partei früher sogar die Loslösung nördlicher Regionen vom italienischen Zentralstaat. Lega-Chef und Verkehrsminister Matteo Salvini sprach von einem „historischen Tag“. Durch die Reform sei „ein effizienteres und moderneres Italien mit weniger Verschwendung“ möglich. In Norditalien gibt es ein verbreitetes und durch die Lega politisch artikuliertes Gefühl, der reichere Norden finanziere den Süden und dessen angebliche Geldverschwendung mit. 

Die rechtsnationale Partei Lega hat ihr Ziel erreicht

„Mir zittern die Beine“, sagte der für die Reform zuständige Minister Roberto Calderoli (Lega). Das Gesetz sei „die Krönung einer jahrelangen politischen Schlacht“. Die Reform wurde mit 172 zu 99 Stimmen im Abgeordnetenhaus definitiv verabschiedet. Zwischen Lombardei und Sizilien können die Regionen nun Sonderbefugnisse in 23 Bereichen beantragen. Dazu zählen Bildung, Gesundheit, Forschung, Kultur, Arbeit, Ernährung, Infrastruktur, Kommunikation und Energie. So könnte zum Beispiel eine Region die bei sich generierten Museumseinnahmen künftig selbst verwenden. 

Dazu müssen aber erst in einer langwierigen Prozedur staatliche Mindestausgaben für eine Grundsicherung verabredet werden. Dabei geht es zum Beispiel um die Zahl der staatlich garantierten Kita-Plätze pro Region oder die Mindestbettenzahl in Krankenhäusern pro Landkreis. 

Die Finanzierung der Pläne ist noch völlig unklar

Diese Fragen müssen für alle Regionen geklärt werden, bevor das Selbstbestimmungsrecht nach Verhandlungen mit der Regierung und Ratifizierung im Parlament Wirkung entfaltet. Bislang ist noch völlig offen, wie die Regierung diese Milliardenausgaben finanzieren will. Erst am Mittwoch leitete die EU-Kommission ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung gegen Italien ein.

Die linke Opposition kritisierte das Gesetz scharf. Die Vorsitzende des Partito Democratico, Elly Schlein, sprach vom „alten sezessionistischen Traum der Lega“, der sich nun verwirkliche. Selbst der Vatikan und die italienische Bischofskonferenz äußerten Vorbehalte gegen die Reform. „Hoffentlich führt das Gesetz nicht zu weiterem Ungleichgewicht zwischen diesem und jenem Teil Italiens“, sagte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Die Gouverneure der südlichen Regionen Kalabrien, Sizilien und Basilicata, die allesamt Mitglied der Regierungspartei Forza Italia sind, zeigten sich skeptisch. Mehrere süditalienische Abgeordnete der Regierungskoalition enthielten sich bei der Abstimmung.

Die Kritiker hoffen nun auf ein Referendum zur Abschaffung des Gesetzes. Dazu sammeln die Oppositionsparteien Unterschriften. Fünf Regionen (Emilia-Romagna, Toskana, Kampanien, Apulien und Sardinien) kündigten außerdem an, selbst ein Referendum zu beantragen. Damit dürften die beiden bislang wichtigsten Entscheidungen der Regierung Meloni, Teil-Autonomie und Verfassungsreform, in einiger Zeit einem Volksentscheid unterzogen werden.

 
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