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Augsburg/Berlin
Boris Pistorius will eine „kriegstüchtige“ Bundeswehr
Der Verteidigungsminister legt neue Richtlinien für die Truppe vor und rüstet dabei auch rhetorisch auf. Er fordert von Soldaten auch Einsatz "unter Gefahr für Leib und Leben".
dpa_5FAED2006FB40B64.jpg       -  Boris Pistorius hat eine bedingt abwehrbereite Truppe übernommen und will die Bundeswehr nun neu aufstellen.
Foto: Marcus Brandt, dpa | Boris Pistorius hat eine bedingt abwehrbereite Truppe übernommen und will die Bundeswehr nun neu aufstellen.
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:01 Uhr

Boris Pistorius ist ein Mann der klaren Worte – und diesen Geist atmen auch die neuen verteidigungspolitischen Leitlinien, die er an diesem Freitag in Berlin vorstellen will. „Unsere Wehrhaftigkeit erfordert eine kriegstüchtige Bundeswehr“, heißt es bereits im ersten Kapitel des Papiers, das unserer Redaktion vorliegt. Das bedeute, dass Personal und Ausstattung der Truppe auf die Wahrnehmung ihrer Aufträge ausgerichtet seien. „Maßstab hierfür ist jederzeit die Bereitschaft zum Kampf mit dem Anspruch auf Erfolg im hochintensiven Gefecht.“ Danach soll die Bundeswehr künftig zu den leistungsfähigsten Streitkräften in Europa gehören.

Die Landesverteidigung ist zwar auch für Pistorius nach wie vor das primäre Ziel der Bundeswehr, gleichzeitig aber stehe Deutschland auch in der Verantwortung für den Schutz und die Sicherheit verbündeter Staaten. „Die permanente Stationierung einer Brigade in Litauen ist in der Geschichte der Bundeswehr ohne Präzedenz und ein wichtiges Signal für die gemeinsame Kraft der Allianz.“ Pistorius und seine Berater haben dafür den Begriff der „Vornepräsenz“ erfunden, was übersetzt vermutlich heißen soll, dass Deutschland sich nicht mehr wegducken wird, wenn es brenzlig wird: „Diese neue Rolle ist Ausdruck der strategischen Neuorientierung der Bundeswehr.“

"Zeitenwende": So soll die Bundeswehr aufgestellt werden

Zur Gestaltung der Zeitenwende bedürfe es dabei dauerhaft mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung, die in die Verteidigung und insbesondere in die Einsatzfähigkeit der Truppe investiert werden, betont Pistorius. Zwar haben auch schon der frühere Verteidigungsminister Peter Struck oder der damalige Bundespräsident Joachim Gauck darauf gedrängt, dass Deutschland mehr internationale Verantwortung übernimmt. Unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine und der neuen Bedrohungslage in Europa aber formuliert Pistorius diesen Anspruch nun noch um einiges deutlicher. Als geografisch zentrales und ökonomisch leistungsfähiges Land in der Mitte Europas sei Deutschland das Rückgrat für die kollektive Verteidigung in Europa. Das aber führe wiederum zu neuen Bedrohungen, „auch militärisch“.

Pistorius zieht daraus den Schluss, dass Deutschland nicht nur seine Armee modernisieren, sondern auch seine kritische Infrastruktur besser schützen und über „robuste und gesicherte rüstungsindustrielle Kapazitäten“ verfügen muss. Die Bundeswehr selbst, heißt es in dem Papier, „ist dann resilient, wenn sie ihre Widerstandsfähigkeit erhöht, die Auswirkungen von Angriffen dämpft und sich schnell auf veränderte Lagen einstellt.“ Das bedeute, dass sie Reserven aufbauen, Eigenverantwortung stärken und Abläufe flexibler gestalten müsse.

Im Management der Bundeswehr wurde zuletzt einiges veräumt

Gleichzeitig allerdings räumt Pistorius auch ein: „Unsere Ressourcen werden immer begrenzt sein.“ Die Defizite der Vergangenheit, allen voran die notorische Unterfinanzierung, streift er jedoch nur am Rande. Wichtiger ist ihm ein gemeinsames Verständnis von Wehrhaftigkeit. Seine vor Kurzem plakativ formulierte und teilweise auch heftig kritisierte Forderung, Deutschland müsse insgesamt wieder „kriegstüchtig“ werden, zieht sich wie ein roter Faden durch die 34-seitigen Leitlinien. Die gesellschaftlichen Erwartungen an eine wehrhafte Demokratie seien gestiegen, argumentiert er. Dazu brauche es aber auch Soldatinnen und Soldaten, die den Willen haben, „unter bewusster Inkaufnahme der Gefahr für Leib und Leben das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. So deutlich hat schon lange kein Verteidigungsminister gesagt, was er im Falle eines Falles von seiner Truppe erwartet.

Umso wichtiger ist es aus seiner Sicht, neues Personal für die Bundeswehr zu gewinnen. Dies werde auf absehbare Zeit eine der zentralen Herausforderungen sein, ahnt Pistorius. Anders als die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die ihre Amtszeit mit einem Plädoyer für eine bessere Vereinbarkeit von Familien und Soldatenberuf begonnen hatte, macht er sich hier keine Illusionen: „Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst wird durch die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung und bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr vor große Herausforderungen gestellt.“

Willkommen zurück in der Realität, soll das wohl heißen. Oder, in den Worten des Ministers: „Wir müssen unsere Bundeswehr wieder auf Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten und ihre Einsatz- und Abschreckungsfähigkeit spürbar erhöhen – damit wir auch morgen noch in Frieden und Freiheit leben können.“

 
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