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Berlin
Weniger Geld für Geflüchtete?
Die unionsgeführten Länder stellen vor dem Asylgipfel Sozialleistungen für Ukrainer und Asylbewerber infrage. Unterstützung erhalten sie nun auch von der FDP, die vor Überlastung warnt.
Ukraine-Konflikt - «Willkommensgruppen» für Schüler geplant.jpeg       -  Ankunft ukrainischer Flüchtlinge: Auch die FDP befürwortet künftig nur noch Asylleistungen statt Bürgergeld für Neuankömmlinge.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Ankunft ukrainischer Flüchtlinge: Auch die FDP befürwortet künftig nur noch Asylleistungen statt Bürgergeld für Neuankömmlinge.
Michael Pohl
 |  aktualisiert: 11.03.2024 08:58 Uhr

Ginge es nach dem Kanzler, müssten sich die Vertreter von Bund und Ländern an diesem Mittwoch wohl gar nicht groß über das Thema Flüchtlinge unterhalten. Schließlich hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz im November auf einen Kompromiss zur Verringerung der ungesteuerten Einwanderung verständigt, den Olaf Scholz als „sehr historischen Moment“ pries. Doch die Länder halten das Thema unverändert für so brennend, dass sie die Konferenz mehrfach nach vorn verlegten.

Kommunen fordern von Bund-Länder-Konferenz Entlastung in Flüchtlingspolitik

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat vor Beginn des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern konkrete Entlastungen für die Kommunen gefordert. „Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze, was Unterbringung, Versorgung und Integration angeht“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger unserer Redaktion. Bund und Länder müssten sich mehr an den Kosten von Unterbringung und Integration, sowie der Schaffung von zusätzlich notwendigen Kitaplätzen beteiligen.

„Gerade die soziale Infrastruktur ist wichtig, damit Kinder sich schnell integrieren und die Eltern Integrationskurse wahrnehmen oder einer Arbeit nachgehen können“, betont Berghegger. Vor allem dürften die Belastungen nicht weiter steigen. „Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass der Zuzug nach Deutschland geordnet und auf die wirklich Schutzbedürftigen begrenzt wird“, sagt der Gemeindebund-Geschäftsführer. „Ein weiterer Schritt wäre, zukünftig wirklich nur noch diejenigen Menschen auf die zu Kommunen verteilen, bei denen im Asylverfahren eine gesicherte Bleibeperspektive festgestellt worden ist“, fordert er. 

Der Bund müsse zudem eine langfristige Finanzierung von Integrations- und Sprachkursen sicherstellen und die Abrechnung, beispielsweise für die Volkshochschulen, einfacher gestalten. „Notwendig ist darüber hinaus auch ein „Job-Turbo“ für alle Geflüchteten mit Bleibeperspektive, das bedeutet, dass die Arbeitsaufnahme nach Abstimmung mit den Arbeitgebern parallel zu den Sprach- und Integrationskursen erfolgen könnte“, fordert Berghegger. „Asylbewerber mit Bleibeperspektive sollen möglichst schnell nach ihrer Ankunft in den Arbeitsmarkt vermittelt werden“, fügte er hinzu.

Bald kein Bürgergeld mehr für Geflüchtete aus der Ukraine?

Insbesondere die Unionsländer dringen auf weitere Verschärfungen des Asylrechts, aber auch der Aufnahmebedingungen für neu ankommende geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder forderte vor der Konferenz einen echten Richtungswechsel. Asylbewerber sollen erst nach frühestens fünf statt drei Jahren volle Sozialleistungen erhalten. Und: „Neu ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld beziehen, sondern nur Asylleistungen.“ 

Söder steht damit nicht allein, selbst das grün-regierte Baden-Württemberg forderte im November Asylverfahren in sicheren Drittstaaten außerhalb der EU. Und auch bei der FDP stoßen die Unionsforderungen auf Zustimmung. „Die FDP ist offen für den Vorschlag, dass neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine künftig wieder Leistungen über das Asylrecht und nicht sofort Bürgergeld erhalten“, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion Stephan Thomae unserer Redaktion.

FDP unterstützt Unionsvorschläge für ukrainische Flüchtlinge

Die Idee, die Menschen aus der Ukraine sofort ins Bürgergeldsystem einzugliedern, sei damals nicht aus der Bundesregierung, sondern vonseiten der Landkreise gekommen. „Inzwischen erkennt man, dass die im Vergleich zu anderen Aufnahmeländern niedrige Arbeitsquote der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland nicht nur mit Sprachbarrieren und auch Fragen der Kinderbetreuung zu tun haben könnte, sondern auch mit dem geringen Lohnabstand zwischen Bürgergeld mit der Wohnkostenübernahme und niedrigen Erwerbseinkommen.“ 

Auch für Asylbewerber sei es wichtig, schneller in Jobs zu kommen. „Wir befürworten, dass Asylbewerber schneller eine Arbeitserlaubnis erhalten“, sagt der FDP-Politiker. „Viele in Deutschland sind irritiert, wenn sie sehen, dass Menschen, die arbeiten könnten, zum Nichtstun gezwungen werden, weil sie der Staat vom Arbeiten fernhält“, mahnt Thomae. „Und vermutlich wundern sich auch viele, die hier ankommen und arbeiten wollen, dass man sie es nicht lässt.“ Eine Neuregelung müsse aber klug durchdacht werden. 

FDP schließt Nachbesserungen beim Familiennachzug aus

Zugleich weist der FDP-Politiker Kritik vonseiten vieler Flüchtlingsverbände zurück, dass die Ampel beim Thema Familiennachzug hinter ihren Ankündigungen im Koalitionsvertrag zurückbleibe. „Wir sehen derzeit keinen Spielraum für neue Programme zum Familiennachzug, nachdem die Kommunen über eine Million weiterer geflüchteter Menschen aus der Ukraine und eine halbe Million Asylbewerber unterbringen müssen“, betont Thomae. „Hier können wir niemandem vor Ort erklären, nun weitere Zehntausende Angehörige ins Land zu holen.“ 

Längst sei die ungesteuerte Einwanderung nicht nur ein innenpolitisches, sondern auch ein außenpolitisches Schlüsselthema, warnt der Liberale. „Deutschland erlebt, dass Migration inzwischen als politisches Mittel instrumentalisiert wird, um die Widerstandskraft des Westens auf die Probe zu stellen und die demokratischen Staaten Europas zu destabilisieren“, sagt er mit Blick auf Russland und neue Fluchtrouten über den Osten. 

Allerdings lägen die hohen Asylbewerberzahlen der vergangenen Monate auch an einer Art „Torschlusspanik“, fügt Thomae hinzu. „Die Schleuser haben wegen der angekündigten Asylrechtsverschärfungen in Europa und Deutschland massiv ihr Treiben verstärkt. Deshalb müssen wir jetzt Ernst machen mit Grenzkontrollen, Rücküberführungen, Abschiebungen und mit Drittstaatenabkommen für Asylverfahren im Ausland“, betont er. „Das italienische Modell mit der Unterbringung von Asylbewerbern in Albanien ist deutlich Erfolg versprechender als die britischen Pläne in Ruanda.“ Aber auch hier gebe es noch viele rechtliche und praktische Fragen zu klären, etwa was nach einem abgelehnten Asylantrag passiert. 

Der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Stephan Weil mahnte dagegen zur Geduld, da viele der im November getroffenen Beschlüsse wie eine stärkere Sicherung der EU-Außengrenzen erst noch umgesetzt werden müssten. „Polarisierende Diskussionen über neue Forderungen, bevor auch nur die Wirkung der getroffenen Beschlüsse abschätzbar sind, helfen dagegen nicht, allenfalls denjenigen, die am rechten Rand fischen“, mahnt der Sozialdemokrat.

 
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