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Buenos Aires/Argentinien
"Argentiniens Trump": Wird Javier Milei der nächste Präsident?
Bei der argentinischen Präsidentschaftswahl im Herbst hat Javier Milei gute Chancen. Alles an dem Rechtspopulisten ist skandalös und widersprüchlich.
Vorwahlen in Argentinien.jpeg       -  Bei den Vorwahlen in Argentinien heißt der Überraschungssieger Javier Milei. Der Rechtspopulist erinnert in seinem Auftreten an den früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Foto: Natacha Pisarenko, dpa | Bei den Vorwahlen in Argentinien heißt der Überraschungssieger Javier Milei. Der Rechtspopulist erinnert in seinem Auftreten an den früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Sandra Weiss
 |  aktualisiert: 11.03.2024 10:47 Uhr

Javier Milei heißt der Überraschungssieger der parteiinternen Vorwahlen in Argentinien. Der rechtspopulistische Außenseiter von der Partei La Libertad Avanza ("Die Freiheit schreitet voran") kam am Sonntag auf rund 30 Prozent der Stimmen – mehr als die konservative Opposition, die 28 Prozent bekam und mit Patricia Bullrich ins Rennen geht, knapp vor dem linken peronistischen Regierungslager mit Sergio Massa an der Spitze. Doch wer ist dieser Aufsteiger Milei, der bei der Präsidentschaftswahl im Herbst gute Chancen auf die Präsidentschaft hat?

Er inszeniert sich – ähnlich wie Donald Trump und Jair Bolsonaro – als Rächer am Establishment. Schon sein Auftritt ist schrill: lange Koteletten, Lederjacke, Wuschelhaare, radikale Ansichten. So tingelte der libertäre Ökonom jahrelang durch Talkshows. Mit provokativen Sätzen wie "Der Feind ist der Sozialismus" oder "Steuern sind Diebstahl" war er als Quotenbringer beliebt – politisch jedoch spielte er keine Rolle. Das hat sich in den vergangenen zwei Jahren geändert.

Javier Milei gründete 2021 die schnell erfolgreiche Partei La Libertad Avanza

2021 gründet der 52-jährige Wirtschaftswissenschaftler die Partei La Libertad Avanza, die wenige Monate später bei den Parlamentswahlen in Buenos Aires 17 Prozent der Stimmen holte und auf den dritten Platz kam. Alles an Milei ist skandalös und widersprüchlich: Er ist Katholik, zitiert aber aus der Tora und setzt sich für die Legalisierung von Waffen und Organhandel ein. Er ist Single und lebt mit fünf dänischen Doggen, die nach Ökonomen benannt sind. Zuletzt geriet er in die Schlagzeilen, weil Parteigenossen Kandidaturen und Listenplätze offenbar gegen Geld, Sex oder mit der Aussicht auf öffentliche Aufträge verkaufen.

Aus seiner Nähe zu erzkonservativen Gruppen wie der spanischen Vox-Partei macht Milei keinen Hehl. Unter seinen Mitstreitern finden sich Sympathisanten der Militärdiktatur. Für Linke, die er gerne mit Hass und Häme überschüttet, ist er deshalb eine Bedrohung und ein Schreckgespenst. Aber auch neoliberale Dogmen wirft er über Bord, wenn er zum Beispiel damit droht, die Zentralbank in die Luft zu jagen, weil diese schuld sei an der hohen Inflation und damit der Enteignung der Bürgerinnen und Bürger. Seine 1,4 Millionen Follower erreicht er über soziale Netzwerke. Politiker bezeichnet er als Pack, Präsident Fernández als Tyrann und Verräter, den konservativen Bürgermeister von Buenos Aires, Horacio Larreta, als ekligen Wurm. 

Der Rechtspopulist Milei ist besonders bei jungen Männern beliebt

Beliebt macht er sich damit vor allem bei Jüngeren, die seine unkonventionelle Art cool finden und sich von ihm das Aufbrechen eines zunehmend als lähmend empfundenen Status quo erhoffen. Ihm folgen auch Kinder linksperonistischer Eltern aus der abgestiegenen Mittelschicht, hat der Soziologe Ariel Goldstein beobachtet. Er sieht darin eine Art freudsche Rebellion gegen Eltern, die ihre Hoffnungen in einen starken Sozialstaat setzten. Zugleich ist Milei aber auch Symbol für den Abstieg eines Landes, das einst zu den reichsten Lateinamerikas gehörte und wo heute die Jugend zwischen Hyperinflation, Staatspleiten und Vetternwirtschaft jede Hoffnung auf gesellschaftlichen Aufstieg begraben hat.

Damit ist er ein klassischer Anti-System-Kandidat, sagt Ezquiel Ipar, ein argentinischer Soziologe. Er hat herausgefunden, dass 71 Prozent der Milei-Anhänger jünger als 40 sind, 60 Prozent davon Männer. "Milei ist das Gefäß, in dem die Menschen ihren Frust abladen", charakterisiert ihn Mariel Fornoni vom Umfrageinstitut Management & Fit. Das ist in Krisenzeiten manchmal ausreichend für einen Wahlsieg.

 
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