Schon an der Körpersprache spürte man, dass Friedrich Merz jetzt etwas sagen würde, was ihm besonders wichtig ist. „Solange ich Parteivorsitzender der CDU bin, wird es keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei geben“, so die energischen Worte des CDU-Chefs im ZDF-Interview vor mehr als zehn Tagen. Die AfD sei ausländerfeindlich und antisemitisch, lautete die kompakte Begründung des 67-Jährigen. Klare Worte, für die der Sauerländer viel Anerkennung erhielt. Auf die Frage, wie er sich erkläre, dass die AfD in den Umfragen seit Monaten noch oben klettert, nannte er folgende Formel: Die Stärke der AfD speise sich überwiegend aus der Schwäche der Ampel-Regierung.
Mit der Einschätzung, dass das Erscheinungsbild der Bundesregierung– mit Heizungsstreit und weitere Querelen– der in Teilen rechtsextremen AfD Wähler in die Arme treibt, liegt Merz sicher richtig. Allerdings belegt eine aktuelle Analyse des MeinungsforschungsinstitutsForsa, dass die Gründe dafür, dass die Partei je nach Umfrage mit 18 bis 19 Prozent derzeit gleichauf oder gar vor der SPD liegt, nicht ausschließlich bei der Ampel-Koalition zu suchen sind.
Eine Mehrheit zweifelt, ob es ein Kanzler Merz besser machen würde
Forsa-Geschäftsführer Peter Matuschek stellt die Frage, warum die CDU/CSU kaum von der weitverbreiteten Unzufriedenheit vieler Wähler mit der Regierungspolitik profitiert. Die Zahlen aller Meinungsforschungsinstitute zeigen unisono, dass die Union seit vielen Wochen an oder unter der 30-Prozent-Grenze dümpelt, während die AfD Prozentpunkt um Prozentpunkt zulegt. Die Erklärungen für diesen Trend, die Matuschek präsentiert, dürften der Union, vor allem auch Merz nicht gefallen: So sei das Vertrauen der Wähler in die Kompetenz der Union ähnlich gering wie in die der SPD, zudem sei eine Mehrheit trotz großer Skepsis gegenüber Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht überzeugt, dass es Merz als Kanzler besser machen würde.
Die Union ist seit Spätsommer des Vorjahres in Umfragen bundesweit mit beträchtlichem Abstand stärkste Partei. Besorgnis erregen dürfte in der Berliner CDU-Parteizentrale allerdings, dass der Anteil der Wahlberechtigten, die der Union zutrauen, die Probleme zu lösen, überschaubar ist: Der Kompetenzwert ist seit Januar 2022 von schwachen acht Prozent auf überschaubare 13 Prozent gestiegen, auf denen CDU/CSU seit Februar 2023 unverändert verharren – die SPD liegt derzeit bei zehn Prozent. Zum Vergleich: Im Januar 2021 lag die Union in dieser Kategorie nach Forsa-Angaben bei 41 Prozent.
Kanzler Scholz liegt trotz wachsender Unzufriedenheit weiter vor Merz
In der Person Friedrich Merz könnte ein weiterer Punkt liegen, der die Union daran hindert, die Krise der Ampel zu nutzen, um in den Umfragen deutlich jenseits der 30-Prozent-Marke zu landen. Der Parteivorsitzende, der als erster Anwärter für die Spitzenkandidatur im Bundestagswahlkampf 2025 gilt, kann von den deutlich gesunkenen Sympathie-Werten von Kanzler Scholz nicht profitieren. Auf einer Skala von 0 bis 100 liegt Merz bei aktuell 34 Punkten – also hinter Scholz, der bei 40 Punkten steht. Die Erklärungen dafür, dass sich Merz schwertut, mehr Wähler auf seine Seite zu ziehen, haben sich in den letzten Jahren kaum verändert. Er gilt als wenig zugkräftig bei Frauen und jungen Wählern. Obgleich als guter und eloquenter Redner bekannt, gelingt es ihm nur selten, Empathie zu wecken.
Deutlich besser im Politiker-Ranking von Forsa liegen zwei Parteikollegen: Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und sein nordrhein-westfälischer Amtskollege Hendrik Wüst haben nur den enteilten Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vor sich. Auch der ehrgeizige bayerische Ministerpräsident Markus Söder rangiert vor Friedrich Merz. Eine Konstellation, die noch für Spannung sorgen könnte.