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Berlin
Noch keine Einigung: Beim Koalitionsausschuss ist Feuer unterm Dach
SPD, Grüne und FDP zanken weiter. Dabei klafft ein Riss durch das Bündnis. Vor allem beim Klimaschutz ist man sich nicht einig.
Spitzentreffen der Ampel-Koalition.jpeg       -  Die Ampel-Koalition versucht einen gemeinsamen Weg zu finden.
Foto: Michael Kappeler, dpa | Die Ampel-Koalition versucht einen gemeinsamen Weg zu finden.
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:39 Uhr

Diese Steilvorlage der Ampel-Koalition lässt der CDU-Chef nicht ungenutzt. "Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise", sagte Friedrich Merz am Dienstag in Berlin. Offenbar könne sich die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP "in wesentlichen Fragen nicht mehr einigen". Tatsächlich konnte dieser Eindruck entstehen beim Koalitionsausschuss, der - unterbrochen durch eine Holland-Reise des Kanzlers und einiger Minister - bereits seit Sonntagabend andauerte. Am Dienstag rang die Regierungskoalition im Kanzleramt stundenlang um die Beilegung einer ganzen Reihe von Streitfragen. Doch bis zum späteren Nachmittag kam es zu keinem Abschluss. Aus dem Kreis der Verhandlungsteilnehmer drang durch, dass es weiter große Differenzen zwischen den Partnern gibt. Gerade im umstrittensten Punkt ist es demnach zu einer Fronten-Bildung gekommen: Auf der einen Seite die Grünen, die auf rasche, weitreichende Klimaschutzmaßnahmen drängen. Auf der anderen Seite SPD und FDP, die vor den hohen Kosten sowie den Auswirkungen auf sozial schwache Menschen und die Wirtschaft warnen. 

Habecks Heizungs-Verbot und der schlimme Verdacht

Schon seit Längerem keimt bei den Grünen der Verdacht, die SPD habe sich gewissermaßen mit der FDP gegen die Heizungs-Verbots-Pläne ihres Energieministers verschworen. Robert Habeck will Neu-Installation von Öl- und Gasheizungen ab 2024 verbieten. Bereits eingebaute Anlagen sollen Schritt für Schritt verschwinden. Doch die Koalitionspartner warnen vor den Folgen. Während die SPD vor allem die zu erwartenden zusätzlichen Kosten für Mieter und ärmere Immobilienbesitzer im Blick hat, geht es der FDP mehr um die Vermieterseite. Vor diesem Hintergrund hatte Habeck von einem "Vertrauensbruch" gesprochen, als seine Heizungs-Pläne vorzeitig an die Medien gelangten. Der Grüne Minister verdächtigt die Koalitionspartner, das Papier "durchgestochen" zu haben. 

Als möglicher Kompromiss stand zuletzt im Raum, Öl- und Gasheizungen nicht zu verbieten, sondern mit einer "Abwrackprämie" den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen zu fördern. Doch es gelang offenbar bislang nicht, eine Regelung zu finden, die alle Beteiligten zufriedenstellt. In der Ampel, die mit innigen Harmoniebekundungen gestartet war, werden die Versuche der drei Partner, das eigene Profil zu schärfen, immer offensichtlicher. Das gilt gerade beim Mega-Thema Klimaschutz. So wollen die Grünen ein Planungsbeschleunigungsgesetz, das vor allem den Neubau und die Sanierung der Bahn-Infrastruktur erleichtert. Neue Autobahnen zu bauen, lehnen sie dagegen ab, während die FDP dies auch weiterhin für nötig hält - um den steigenden Güterverkehr zu bewältigen. Der liberale Verkehrsminister Volker Wissing ist außerdem gegen ein generelles Tempolimit, ebenso will er die Steuervorteile für Dienstwagen nicht antasten. Beides fordern die Grünen.

Im Ampel-Streit geht es um Milliarden von Euro

Der Ampel-Streit dreht sich aber auch ums Geld. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will die Schuldenbremse einhalten, eine Reihe von Ressorts hat dagegen teure Wünsche. Zwölf Milliarden Euro zusätzlich für die Kindergrundsicherung verlangt etwa die Grüne Familienministerin Lisa Paus, Lindner lehnt das ab. Bereits am Sonntagabend waren die Spitzen von SPD, Grünen und FDP im Kanzleramt zusammengekommen. Doch fast 19 Stunden reichten nicht, um eine Einigung zu erzielen. Am Montagnachmittag musste das Gespräch unterbrochen werden. Denn ein lang geplanter Holland-Besuch des Kanzlers und seiner wichtigsten Minister duldete keinen Aufschub. Zurück in Berlin blieb Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt, der die Aufgabe hatte, die bisherigen Gesprächsergebnisse zusammenzufassen und mögliche Kompromisse zu zimmern. 

Winfried Kretschmann kritisiert Scholz

Die Fortsetzung der Mammut-Sitzung am Dienstagmorgen sorgte aufseiten der Opposition für Häme. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bescheinigte der Regierungskoalition einen "sehr schlechten Zustand des gegenseitigen Misstrauens und der gegenseitigen Vorwürfe". Mit rund 17 Teilnehmern sei das Ausschussgremium zudem zu groß und dadurch kaum handlungsfähig. "Was soll bei einem Bläh-Koalitionsausschuss schon hinten rauskommen", sagte er. Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali nannte die langen Gespräche "erbärmlich" und "verantwortungsloses Getue". Selbst aus dem Lager der Ampel-Parteien kam Kritik. Winfried Kretschmann, der Grüne Baden-Württembergische Ministerpräsident ging Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem ergebnislos abgebrochenen Sitzungs-Marathonsitzung vom Vortag frontal an. "Die Ampel könnte auch besser regieren, als sie es tut", sagte er in Stuttgart. Kretschmann weiter: "19-Stunden-Sitzungen zu machen, finde ich schon ein Zeichen von Führungsschwäche des Kanzlers." Die Grün-Schwarze Landesregierung von Baden-Württemberg sei davon weit entfernt.

 
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