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Berlin
Nun also doch: Ende der Freunderl-Wirtschaft bei Verkehrsminister Wissing
Bundesverkehrsminister Volker Wissing einen Abteilungsleiter entlassen. Der Grund: Schwerwiegender Verdacht auf Mauschelei bei Wasserstoffprojekten.
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Foto: Britta Pedersen, dpa | Bundesverkehrsminister Volker Wissing entlässt den "Mister Wasserstoff" seines Hauses. Nach einem belastenden Bericht war er nicht mehr zu halten.
Christian Grimm
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:07 Uhr

Volker Wissing hat es der zweiten Reihe überlassen, die Blamage einzugestehen. Der „Mister Wasserstoff“ des Verkehrsministeriums, Klaus Bonhoff, muss gehen, wie Staatssekretär Stefan Schnorr bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag mitteilte. Das „nötige Vertrauensverhältnis des Ministers zu dem Abteilungsleiter besteht nicht mehr fort“. Neben Bonhoff wird auch ein Referatsleiter mit nach unten gezogen und „mit sofortiger Wirkung von der Leitung dieses Referats entbunden“. 

Wissing holt damit eine Mauschelei-Affäre um die Förderung der Wasserstoffwirtschaft mit Staatsgeld ein, die er schon überstanden glaubte. Im Dezember bescheinigte die Innenrevision des Ministeriums, dass die Bewilligung der 1,5 Millionen Euro sauber gelaufen sei. 

Die Innenrevision versagte

Doch an diesem Ergebnis bestehen mittlerweile erhebliche Zweifel. Das Verkehrsministerium muss nun selbst einräumen, dass die Innenrevision nicht sauber gearbeitet hat. Den prüfenden Beamten wurden belastende E-Mails nicht vorgelegt, obwohl alle Referate dazu aufgefordert waren. „Die besagten Mails konnten daher auch nicht in die abschließenden Feststellungen im Abschlussbericht der Innenrevision einfließen“, heißt es inzwischen. 

Doch damit nicht genug. Die Innenrevision war in die Beantwortung von Anfragen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel nicht eingebunden. Die Journalisten hatten den Fall neu aufgeräumt und Anfang Februar mit einem Bericht die bisherige Verteidigungslinie des Verkehrsministeriums erschüttert. Die Kungelei aufgedeckt hatte ursprünglich das Handelsblatt, und zwar bereits im Sommer vergangenen Jahres. Bonhoff wehrte sich jedoch gegen die Berichterstattung und man einigte sich juristisch.

Ob sich der Verdacht der Günstlingswirtschaft bestätigt, steht laut Schnorr noch nicht endgültig fest. Doch bereits die Sichtung der neu aufgetauchten Dokumente habe ergeben, „dass es deutliche Ungereimtheiten und Widersprüche gibt“. 

Urlaube mit dem Duz-Freund

Der nun mit sofortiger Wirkung entlassene Bonhoff hatte das Projekt seines Freundes Werner Diwald mit einer Förderung im Jahr 2021 unterstützt. Diwald ist Vorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbands. Beide Herren duzen sich, fuhren gemeinsam in die Ferien. 

Für den CSU-Verkehrsexperten Ulrich Lange ist die Vetternwirtschaft und die gescheiterte Aufklärung derselben ein Führungsversagen des Verkehrsministers. "Herr Wissing hat sein Ministerium nicht im Griff, das ist offensichtlich. Erst weiß der Minister über einen Monat lang nichts davon, dass es interne Compliance-Ermittlungen gegen einen seiner wichtigsten politischen Beamten gibt, dann weist sein Haus eilig alle Vorwürfe zurück, und ein halbes Jahr entbindet er seinen Abteilungsleiter schließlich doch von allen Aufgaben“, sagte Lange unserer Redaktion. Im Ministerium herrsche Chaos. Für Wissing ist die Affäre mit der Entlassung Bonhoffs noch nicht ausgestanden. Der Fraktionsvize kündigte an, dass sich die Union sehr genau anschauen werde, ob der Minister das Parlament vergangenen Sommer womöglich falsch informiert hat. 

Der Spiegel hatte in seinem Bericht aus belastenden E-Mails zitiert. „Hallo Klaus, heute ist nun endlich die Bestätigung für den Eingang des Förderantrages, den ich am 26.09. eingereicht habe, gekommen. Es wäre klasse, wenn wir im November noch eine Entscheidung bekommen könnten“, schrieb Diwald an seinen Kumpel. Schließlich wolle man gleich zum Jahresanfang zusätzliches Personal für das Projekt einstellen. „Was meinst Du, ist mein Wunsch realistisch?“, fragt dieser.

Staatliche Zuschüsse für andere Wasserstoffprojekte werden nun genau geprüft

Laut Staatssekretär Schnorr werden jetzt staatliche Zuschüsse für andere Wasserstoffprojekte noch einmal genau angesehen. Auf den Weg gebracht hatte sie Wissings Vorgänger im Amte, Andreas Scheuer. Der CSU-Mann musste sich wegen der geplatzten Pkw-Maut für Ausländer selbst vor einem Untersuchungsausschuss des Bundestages verantworten. 

Die Affäre um die Wasserstoff-Amigos erinnert an einen anderen Fall, der vergangenes Jahr einen Vertrauten von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Posten kostete. Ex-Staatssekretär Patrick Graichen wollte seinem Trauzeugen einen lukrativen Job bei der staatlichen Energieagentur Dena zuschieben. Habeck versuchte zunächst, seinen wichtigsten Mann zu halten, musste ihn aber schließlich doch entlassen. Seinerzeit hatte auch die FDP Druck gemacht. Nun holt die Liberalen selbst eine aufgedeckte Freunderl-Wirtschaft ein.

Korrektur: In einer vorherigen Version des Artikels hieß es, Wissing sei juristisch gegen die Veröffentlichungen des Handelsblatts vorgegangen und der Verlag habe die Recherche für falsch erklärt. Tatäschlich hatte sich Klaus Bonhoff gegen die Veröffentlichung gewehrt und man einigte sich juristisch. Wir haben die entsprechende Stelle geändert.

 
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