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Berlin
Gerhard Schröder hat keinen Anspruch auf ein Büro auf Staatskosten
Schröder hat gegen den Entzug von Privilegien geklagt – und verloren. Er bekommt sein Büro im Bundestag nicht zurück. Seine Geschichte ist skandalös und tragisch zugleich.
Ex-Kanzler Schröder.jpeg       -  Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat vor Gericht eine Niederlage kassiert.
Foto: Kay Nietfeld, dpa (Archivbild) | Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat vor Gericht eine Niederlage kassiert.
Michael Stifter
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:08 Uhr

Gerhard Schröder ist nicht der Typ, der den Fehler zuerst bei sich selbst sucht. Insofern ist es nur konsequent, dass der 79-Jährige nicht hinterfragt, warum ihm der Bundestag vor einem Jahr Privilegien gestrichen hat, die Altkanzler traditionell genießen, sondern dass er dagegen vor Gericht zog. Die Frage nach dem Warum ist schnell beantwortet: Weil sich der Sozialdemokrat selbst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine noch von seinem Freund Wladimir Putin einspannen lässt, ist er zur Persona non grata geworden, sogar in der eigenen Partei. Offiziell begründet wurde die Maßnahme damit zwar nicht, aber es war natürlich kein Zufall, dass Schröder wenige Wochen nach Kriegsbeginn aus dem Bundestag "vertrieben" wurde. Die Frage, ob ihm ein eigenes Büro auf Staatskosten samt Mitarbeitern trotz allem zusteht, hat am Donnerstag das VerwaltungsgerichtBerlin beantwortet. Und zwar mit einem Nein.

Klage zurückgewiesen: Schröder bekommt sein Büro im Bundestag nicht zurück

Die Richterwiesen Schröders Klage ab und entschieden, dass er keinen Anspruch auf ein Büro im Bundestag hat. Der frühere Kanzler hatte mit bisher gängiger Praxis, entstandenem Gewohnheitsrecht und Gleichbehandlungsgrundsatz argumentiert. Doch all das überzeugte das Verwaltungsgericht nicht. Hintergrund: Ein Arbeitsplatz im Parlament soll es ehemaligen Regierungschefs ermöglichen, Verpflichtungen und Aufgaben weiterhin zu erfüllen, die über die eigene Kanzlerschaft hinausreichen. Das ist 17 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt aber ziemlich unwahrscheinlich. Zumal der Niedersachse auch als Redner oder Schirmherr wegen seiner Putin-Treue kaum noch irgendwo infrage kommt.

Schröders Geschichte ist eine, die man skandalös und tragisch zugleich finden kann. Da ist dieser Mann, der als Politiker den Mut hatte, das zu tun, was er für richtig hielt – im Wissen, dass ihn das die Kanzlerschaft kosten kann. Die Agenda 2010 und sein Nein zur deutschen Beteiligung am Irak-Krieg waren historische Leistungen, die damals keineswegs nur bejubelt wurden. Schröder hat es trotzdem durchgezogen. Einer, der Karriere gemacht hat, ohne Karrierist zu sein. Der nicht nur Kanzler werden wollte ("Ich will da rein!"), um es zu sein, sondern, um zu gestalten. Dessen machohafte Basta-Attitüde heute aus der Zeit gefallen wirkt, damals nach den trägen Kohl-Jahren aber eben nicht nur nach dicken Zigarren, sondern auch nach Aufbruch und Führungsstärke roch. 

Den Gerhard Schröder von heute hat jedes Gespür verlassen

Der Schröder von damals hatte das untrügliche Gespür für den Moment. Den Schröder von heute hat offenkundig jedes Gespür verlassen. Das ist skandalös, aber eben durchaus auch tragisch, weil er auf der Zielgeraden des Lebens seinen Ruf ruiniert hat. Schon heute bezeichnen ihn viele zuerst als Gas-Lobbyist oder Putin-Freund und allenfalls in zweiter Linie als ehemaligen Bundeskanzler, der das Land immerhin sieben Jahre regiert hat. 

Weil Schröder, dem Arbeiterkind, das sich nach oben gekämpft hat, nie egal war, was einmal in den Geschichtsbüchern über ihn stehen wird, muss ihn das schmerzen. Aber irgendwie ist er eben auch stolz darauf, der Alte geblieben zu sein. Denn bis heute tut er, was er für richtig hält – im Wissen, dass er sich damit diskreditiert.

Nur so ist auch sein Trotz zu verstehen, wenn es um aberkannte Sonderrechte und Privilegien geht. Eigentlich könnte Schröder das völlig gleichgültig lassen. Tut es aber nicht. Weil er sich nie etwas gefallen lassen wollte. Nicht in der Schule, nicht auf dem Fußballplatz, auf dem er unter dem Kampfnamen "Acker" beim TuS Talle eher rustikal unterwegs gewesen sein soll. Und erst recht nicht in der Politik, wo er es mit jedem aufnahm, der ihm in die Quere kam. Schöne Grüße auch an Oskar Lafontaine. 

Da wird ihm ja wohl nicht der Haushaltsausschuss des Bundestags einfach so sein Büro wegnehmen können. Hat er aber. Und dabei wird es wohl bleiben, auch wenn das Verfahren noch in weitere Instanzen gehen könnte. "Ich kann schon verzichten, das habe ich in meinem Leben lernen müssen", sagte Schröder einmal – und fügte hinzu: "Gut, verlieren ... Hmm." 

 
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