
Staatsrechtler warnen vor hohen juristischen Hürden eines AfD-Verbots. Aus diesem Grunde gibt es bei SPD, Grünen und in der Union nun Überlegungen, die Rechtspopulisten von der staatlichen Parteienfinanzierung abzuschneiden. CSU-Chef Markus Söder hatte die Debatte angestoßen, weil das Bundesverfassungsgericht der Partei Die Heimat, die vormalige NPD, die Staatsgelder gestrichen hatte. Söder sprach von einer „Blaupause für die AfD“.
Der Präsident des bayerischen Verfassungsschutzes rät hingegen von diesem Schritt ab. „Die NPD ist mit der AfD nur schwer zu vergleichen. Ich befürchte, dass ein derartiges Verfahren ähnlich schwierig, langwierig und riskant wäre wie ein Verbotsverfahren“, sagte Burkhard Körner unserer Redaktion. „Auch hier müsste geklärt werden, ob die Partei als Ganzes die Kernelemente der Verfassung bekämpft“, ergänzte er.
Grundgesetz schützt vor Beeinträchtigung oder Beseitigung der Demokratie
Die juristischen Anforderungen definiert das Grundgesetz in Artikel 21, Absatz 3: Parteien, deren Ziele oder Anhänger darauf ausgerichtet sind, „die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen“. Es ist also juristisch der gleiche Nachweis zu führen wie für ein allgemeines Verbotsfahren.
Auch davon rät Verfassungsschutzpräsident Körner ab. Er stützt sich dabei auf die Argumente, die immer wieder genannt werden. Der Ausgang des Prozesses vor dem Bundesverfassungsgericht sei höchst ungewiss, würde Jahre dauern und die AfD hätte in dieser Zeit die Chance, sich als politisches Opfer zu stilisieren.
Für die Partei wäre die Kappung von der öffentlichen Parteienfinanzierung finanziell ein harter Schlag. Im Jahr 2021 entstammten 44 Prozent ihrer Mittel oder rund 11 Millionen Euro aus dieser Quelle.
Arbeitsminister Heil warnt vor katastrophalen Folgen der AfD
Seit Bekanntwerden der Planspiele über die Abschiebung von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund wird über mögliche Konsequenzen für die AfD intensiv diskutiert. Auch die Bundesregierung ist alarmiert. Arbeitsminister Hubertus Heil warnte vor gravierenden Folgen: "Die AfD schadet unserem Land – sozial und wirtschaftlich wären ihre Pläne ein Alptraum", sagte der SPD-Politiker unserer Redaktion. Er sei froh, dass die große Mehrheit der Bürger "ihre Stimme gegen Hass und Hetze erhebt".
Trotz der weitverbreiteten Skepsis hinsichtlich der Chancen eines Verbotsverfahrens will der Abgeordnete Marco Wanderwitz im Bundestag weiter Unterstützung für sein Projekt eines Verbotsverfahrens sammeln. „Wenn man de facto die gleich hohen juristischen Hürden überwinden muss, macht es keinen Sinn, auf das wirksamere Mittel zu verzichten“, sagte der CDU-Parlamentarier und frühere Ost-Beauftragte der Bundesregierung unserer Redaktion. Die eigentliche Potenz der AfD beruhe auf den Abgeordneten, lokalen Mandatsträgern und deren Mitarbeitern, die nur ein Verbot aushebeln könne, sagte Wanderwitz. Nach einer juristischen Zerschlagung würde die Partei ihre errungenen Mandate in allen Parlamenten verlieren – vom Gemeinderat bis zum EU-Parlament.
Wanderwitz berichtet, dass seit den Enthüllungen um die Abschiebepläne von Rechtsextremisten und AfD bei SPD, Grünen und Union Bewegung in das Vorhaben gekommen sei. Im Zuge dessen bringt der 48-Jährige eine neue Variante ins Spiel: „Es könnte ein guter Zwischenschritt sein, dass der Bundestag die Bundesregierung beauftragt, ein Verbot zu prüfen“, meinte Wanderwitz. Die Bundesregierung habe einen direkten Zugang zu den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes. Für die Einbringung eines Antrages für ein AfD-Verbot bedarf es der Unterstützung von fünf Prozent der Parlamentarier, er könnte danach mit Mehrheit des Hauses beschlossen werden.