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BERLIN
Der Rettungsdienst ist überlastet
Rettungsdienst       -  „Rettungsdienst” steht auf der Jacke eines Mannes vor einem Rettungswagen der Feuerwehr. Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze ist in den letzten Jahren gestiegen.
Foto: Jens Kalaene/dpa/Symbolbild | „Rettungsdienst” steht auf der Jacke eines Mannes vor einem Rettungswagen der Feuerwehr. Die Zahl der Rettungsdiensteinsätze ist in den letzten Jahren gestiegen.

Von Christian Grimm

und Stefan Lange

 |  aktualisiert: 07.01.2023 03:00 Uhr

Das Versprechen steht: Zwischen zehn und 15 Minuten soll es maximal dauern, bis im

Notfall ein Rettungswagen zur Stelle ist. Die Bestimmungen in den Bundesländern unterscheiden sich leicht, doch allen gemein ist eines: dass sie inzwischen gebrochen werden. „Die Überlastung des Rettungsdienstes und Fehlsteuerungen im System haben den Rettungsdienst bundesweit in die Krise geführt“, kritisiert das „Bündnis pro Rettungsdienst“, das sich unter dem Druck von Überlastung und Berufsflucht in der Branche gerade gegründet hat. In Berlin starb vor einigen Tagen ein Mädchen nach einem Busunfall, die Notfallambulanz traf erst nach 20 Minuten ein.

Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hat bei der Bundesregierung deshalb nach Reformplänen gefragt, und die Antwort macht wenig Hoffnung auf schnelle Heilung: Die Ampel verweist auf eine Kommission, die Vorschläge erarbeiten soll: „Sobald die Empfehlungen vorliegen, werden auf dieser Grundlage konkrete Umsetzungsoptionen geprüft.“ Pilsingers Fazit: „Die Notfallversorgung in Deutschland ist selbst zum Notfall geworden.“ Dem „Bündnis pro Rettungsdienst“ gehören Rettungsunternehmen, Notärztinnen und Notärzte, Feuerwehren sowie die Mitarbeiterseite der Caritas an. Wie viel Personal genau fehlt, ist unklar.

Frank Flake, der stellvertretende Vorsitzende des Berufsverbandes Rettungsdienste, sagt: „Das ist ein Teil des Problems.“ Dafür häufen sich die Alarmmeldungen aus den Bundesländern. Das Bündnis schätzt auf dieser Grundlage den Mangel auf zehn bis 20 Prozent bei regionalen Unterschiedlichkeiten. „Hinzu- kommen Krankheitsausfälle, die vielerorts dazu führen, dass Einsatzwagen nicht besetzt werden können“, erklärte Flake. Der Frust sei riesengroß. „Aus Befragungen der Rettungskräfte ist bekannt, dass sich 90 Prozent nicht vorstellen können, bis zu ihrer Rente im Beruf zu bleiben. Und rund 40 Prozent überlegen, den Beruf zu wechseln, den sie eigentlich lieben.“

Der CSU-Mann Pilsinger ist nicht nur Abgeordneter, sondern auch Arzt und bestätigt die Sorgen. „Überfüllte Rettungsstellen, überarbeitete Sanitäter und unklare Kompetenzen prägen heute leider den Alltag der Patienten und des medizinischen Personals“, sagte er dieser Redaktion. Während das Notfallsystem dringend Rettung brauche, warte die Regierung weitgehend tatenlos auf Vorschläge einer Kommission. Dabei liege ein Gesetzentwurf aus der letzten Wahlperiode fertig auf dem Tisch. „Diesen nimmt Minister Lauterbach aber leider nicht in die Hand.“

Die offizielle Statistik des Bundes, deren Zahlen allerdings aus den Jahren 2016/2017 stammen, weist jährlich 5,54 Millionen Notarzteinsätze aus. Ihre Zahl ist in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich gestiegen. Dieser Trend ist nach Einschätzung von Experten ungebrochen. Einer der Gründe: Viele Menschen nutzen den Rettungsdienst ungeniert als eine Art Taxi. Das „Bündnis pro Rettungsdienst“ beobachtet mit Sorge eine „gesunkene Schwelle für die Inanspruchnahme“, außerdem beklagt es eine unzureichende Kenntnis darüber, welche Notrufnummer die jeweils richtige ist. Zudem führten „lange Wartezeiten sowie eine eingeschränkte Verfügbarkeit im ambulanten Sektor“ zu einer Überlastung des Rettungsdienstes. Pilsinger regt an, ein Verfahren zu entwickeln, das klar trennt zwischen echten Notfällen und Fällen, die auch bis zum nächsten Tag warten können.

 
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