In der Union wird mit einer zeitnahen Lösung der Frage der Kanzlerkandidatur zwischen CDU-Chef Friedrich Merz und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder gerechnet. Merz und Söder würden ihren Parteigremien einen einvernehmlichen Vorschlag vorlegen, hieß es am Sonntag in CDU-Kreisen.
In der CDU gebe es viel Unterstützung für Merz, ebenso in der CSU, wurde zudem betont. Die Entscheidung werde mit großem gemeinsamem Respekt auch unter Einbeziehung der CDU-Landesvorsitzenden und dem ebenfalls als möglicher Kandidat gehandelten nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst fallen. Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag” unter Hinweis auf Parteikreise will Merz als Spitzenkandidat antreten.
Der CDU-Chef hat in der Regel das erste Zugriffsrecht für die gemeinsame Kanzlerkandidatur von CDU und CSU. Direkt nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September hatte zugleich CSU-Chef Markus Söder mehrfach wiederholt, dass er dazu bereitstünde.
Merz und Söder haben verabredet, die K-Frage im Spätsommer zu entscheiden, nach den Wahlen in drei ostdeutschen Ländern. Am kommenden Sonntag ist die Landtagswahl in Brandenburg. Am Montag danach stehen bei CDU und CSU reguläre Gremiensitzungen an, in denen traditionell über den Ausgang der Landtagswahl beraten wird. Unklar ist, ob Merz und Söder in den getrennten Sitzungen eine Entscheidung verkünden.
Spätsommer, Frühherbst - Rätselraten um Zeitraum der Entscheidung
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach in der „Rheinischen Post” von einer Entscheidung im „Spätsommer beziehungsweise im Frühherbst”. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zum Zeitraum der Entscheidung über die K-Frage: „September und Oktober sind zwei gute Monate als Entscheidungskorridor.” Der Parlamentsgeschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei von der CDU, nannte in der „Rheinischen Post” keinen Monat, klang aber etwas anders: „Wenn die Brandenburg-Wahl 'rum ist, dann sind alle verabredeten Voraussetzungen erfüllt. Und direkt danach wird die Entscheidung getroffen.”
Unions-Fraktionsvize Jens Spahn sagte der Zeitung, die Entscheidung falle nach der Brandenburg-Wahl. „Friedrich Merz hat als CDU-Vorsitzender das erste Zugriffsrecht, er ist laut Markus Söder in der Favoritenrolle. Und auf dieser Basis werden Friedrich Merz und Markus Söder beiden Parteien einen Vorschlag machen”, sagte Spahn.
Neben Merz und Söder wird immer wieder auch Wüst genannt
Neben Merz wurden immer wieder auch Söder und Wüst als mögliche Kandidaten für den Spitzenposten im Wahlkampf genannt. Beim Gillamoos-Volksfest in Niederbayern hatte Söder Anfang September gesagt: „Für mich ist Ministerpräsident das schönste Amt. Aber ich würde mich nicht drücken, Verantwortung für unser Land zu übernehmen.” Die Bereitschaft hatte Söder in der Folge mehrfach bekräftigt. Die K-Frage könnte auch bei der Herbstklausur der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag eine Rolle spielen. Die Abgeordneten tagen in dieser Woche im Kloster Banz. Am Mittwoch will Söder dort eine Rede halten.
Machtkampf wie 2021 soll vermieden werden
Einig sind sich Merz und Söder, dass sie einen gemeinsamen Vorschlag für die Unions-Kanzlerkandidatur machen wollen. Vor der Wahl 2021 hatte Söder bei der Kür des Unionskanzlerkandidaten in einem erbitterten Machtkampf gegen den damaligen CDU-Chef Armin Laschet verloren. Kanzler wurde schließlich der SPD-Politiker Olaf Scholz. Merz hatte unlängst gemahnt: „Wenn sich 2021 wiederholt, dann haben wir den ersten Schritt schon getan, die nächste Bundestagswahl wieder zu verlieren.”
Stützen könnte sich Merz auch auf jüngste Umfragen. Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hatte die Union bundesweit zugelegt und kommt je nach Umfrageinstitut zwischen 32 und 33 Prozent und damit auf die höchsten Werte seit der verlorenen Bundestagswahl 2021. Im Sonntagstrend von Insa für die „Bild am Sonntag” klettert die Union um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent. Sie ist damit stärker als die drei Ampel-Parteien SPD (14 Prozent), Grüne (10) und FDP (4) zusammen.
Merz laut Umfrage meist kompetenter, aber weniger sympathisch als Scholz
Unabhängig von schwachen Umfragewerten für die Kanzlerpartei hat Scholz bereits seinen Anspruch erklärt, auch 2025 die SPD in den Wahlkampf zu führen. Von den SPD-Vorsitzenden wird er dabei unterstützt. Öffentlich diskutiert wird gleichwohl, ob nicht Boris Pistorius Kanzlerkandidat werden sollte. Der Verteidigungsminister hat deutlich bessere Umfragewerte als Scholz.
Insa fragte auch im Vergleich von Merz und Scholz, wen die Menschen bei einer Direktwahl des Kanzlers bevorzugen und wen sie als kompetenter in verschiedenen Bereichen ansehen. Bei einer Direktwahl würden sich demnach 25 Prozent für Merz und 21 Prozent für den Amtsinhaber entscheiden. 48 Prozent wollen aber keinen von beiden.
Für kompetenter wird Merz in acht von zehn Themenfeldern gehalten, darunter bei den Themen Migration/Asyl, Wirtschaft und innere Sicherheit. Scholz punktet bei Arbeit/Soziales sowie dem Klimaschutz. Auch hält eine knappe Mehrheit von 29 zu 27 Prozent den Kanzler für sympathischer als Merz.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki stellt sich auf eine Kanzlerkandidatur von Merz ein. Kubicki sagte der „Rheinischen Post” (Montag): „Ich freue mich, wenn Friedrich Merz ins Rennen um die Kanzlerschaft einsteigen will, auch weil mit dieser Personalie das klare Signal der Ablösung von Angela Merkels Politik verbunden ist.”