Nach mehreren erfolglosen Versuchen will Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger über drei direkt gewonnene Wahlkreise den Einzug in den Bundestag schaffen – mit ihm selbst und unter anderem zwei bayerischen Landräten als Zugpferden. Das kündigte der bayerische Wirtschaftsminister in München an, einen Tag vor einem Bundesparteitag der Freien Wähler. „Das dürfte nach allen Einschätzungen gelingen: drei plus X an Direktmandaten”, argumentierte er. Aiwanger träumt seit langem von einem Einzug in den Bundestag und einer gemeinsamen Regierungskoalition unter Unions-Führung.
„Wir wollen der Union helfen, nicht im schwarz-grünen oder schwarz-roten Nest liegen zu müssen”, sagte Aiwanger. Er würde sich deshalb über eine entsprechende Koalitionsaussage von CDU-Chef Friedrich Merz zugunsten der FDP und der Freien Wähler freuen - die es aber nicht geben dürfte, weil die Freien Wähler bei Bundestagswahlen die CSU als Gegner hat.
Bei vergangenen Bundestagswahlen waren die Freien Wähler stets klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert - ihr bislang bestes Ergebnis waren 2,4 Prozent 2021. Auch in aktuellen Umfragen sind die Freien Wähler entweder gar nicht einzeln aufgeführt oder liegen deutlich unter fünf Prozent. Aiwanger bleibt also nichts anderes übrig, als bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar auf Erststimmen-Siege der Freien Wähler in mindestens drei Wahlkreisen zu hoffen und auf diesem Umweg den Einzug ins Parlament zu schaffen.
Aiwanger, zwei Landräte und ein Bürgermeister
Neben ihm treten in Bayern unter anderem der Landshuter Landrat Peter Dreier und die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller als Direktkandidaten an. Hinzu kommt als weiterer Bewerber der Bürgermeister der Stadt Gersthofen (Landkreis Augsburg), Michael Wörle.
Aiwanger selbst wechselt dafür eigens seinen Wahlkreis: Er wird nicht in seiner Heimat im Landkreis Landshut antreten, sondern im Wahlkreis Rottal-Inn, auch in Niederbayern.
Zudem könnte es auch bundesweit noch ein bis zwei aussichtsreiche Direktkandidaten für die Freien Wähler geben, sagte Aiwanger, aber noch ohne irgendwelche Details zu nennen. Und auch in Bayern könnten noch ein bis zwei aussichtsreiche Bewerber dazukommen.
Wegen der weiter geltenden Grundmandatsklausel kann eine Partei auch dann entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde nicht schafft, aber drei Direktmandate holt. Das hatte das Bundesverfassungsgericht im Sommer entschieden und damit ein Kernstück der Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition gekippt. Es müssen aber eben mindestens drei Direktmandate sein. Wenn nur einer oder zwei Wahlkreisbewerber ihre Wahlkreise gewinnen, die Partei aber bundesweit unter fünf Prozent bleibt, bleibt auch diesen Wahlkreisgewinnern der Bundestagseinzug verwehrt.
Nur einer oder zwei Wahlkreissiege reichen nicht
Aiwanger setzt darauf, an die kommunalpolitischen Erfolge der Freien Wähler in Bayern anknüpfen zu können. Tatsächlich stellt seine Partei in Bayern seit Jahren mehrere Landräte. Nun hofft der Freie-Wähler-Vorsitzende, dass diese oder amtierende Bürgermeister mit ihrer Bekanntheit vor Ort auch als Bundestagskandidaten siegreich sein könnten. Von den insgesamt 13 FW-Landräten in Bayern präsentierte er aber nur zwei als Kandidaten.
Ob der Plan aufgehen kann, ist mindestens fraglich: Bei der Bundestagswahl 2021 beispielsweise war das beste Erststimmenergebnis der Freien Wähler in Bayern 16,7 Prozent, im Landkreis Rottal-Inn. Die CSU holte auch dort mehr als doppelt so viele Erststimmen. Andererseits war etwa Dreier 2020 mit 73 Prozent als Landrat wiedergewählt worden.
Genau dort hofft Aiwanger auf den Wahlkreissieg. Chancen dürfte er sich auch deshalb ausrechnen, weil der langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger diesmal nicht mehr kandidiert. Die beiden Landräte sollen nach Möglichkeit in ihren jeweiligen Heimat-Wahlkreisen punkten, Wörle im Wahlkreis Augsburg-Stadt.
„Wechsel des Kanzlers reicht nicht”
„Wir wissen, was vor Ort los ist”, sagte Aiwanger. „Wir sitzen in den Rathäusern und Landratsämtern.” Von dort aus solle die „Erneuerung Deutschlands” gelingen. Es brauche einen Politikwechsel - nicht nur einen Wechsel des Bundeskanzlers.
Aiwangers Theorie: Wenn das Ziel, über mindestens drei Direktmandate den Einzug in den Bundestag zu schaffen, glaubwürdig im Raum stehe, sei auch die Fünf-Prozent-Hürde in Reichweite. Er sei zuversichtlich, dass man diese Marke durchaus erreichen könne.