Gut vier Monate nach den verheerenden Anschlägen von Paris haben Terroristen in Brüssel zugeschlagen: Bei Explosionen am Flughafen und in der U-Bahn im EU-Viertel sind am Dienstag mindestens 26 Menschen getötet worden. Mehr als 130 weitere wurden verletzt. Der belgische Premierminister Charles Michel sprach von «blinden, gewalttätigen und feigen Anschläge». Die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten.
Am Flughafen habe sich wahrscheinlich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw. Die Terror-Warnstufe in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben.
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Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo machte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für die Explosionen verantwortlich. Die belgische Regierung äußerte sich bisher nicht dazu.
Festnahme erst am vergangenen Freitag
Erst am vergangenen Freitag war der mutmaßliche Top-Terrorist Salah Abdeslam bei einem Großeinsatz der Polizei in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. Er ist einer der Hauptverdächtigen für die Anschläge in Paris vor vier Monaten mit 130 Todesopfern. Abdeslam war bis zu seiner Festnahme einer meistgesuchten Terrorverdächtigen Europas.
Der Flughafen wurde geschlossen. Flüge nach Brüssel wurden umgeleitet, etwa zu den deutschen Airports Frankfurt und Düsseldorf. Zudem wurden alle Metro-Stationen und sämtliche Bahnhöfe in Brüssel gesperrt.
Die Bahngesellschaft SNCB rief Reisende auf, die belgische Hauptstadt bis auf weiteres nicht anzufahren. Betroffen waren auch Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge sowie die Eurostar-Verbindungen von Brüssel nach London. Die Deutsche Bahn stellte den Zugverkehr zwischen Aachen und Brüssel ein.
Das Auswärtige Amt in Berlin richtete einen Krisenstab ein. Unklar war am Dienstag zunächst, ob auch Deutsche unter den Opfern sind. Ein Ministeriumssprecher sagte: «Die deutsche Botschaft in Brüssel bemüht sich mit Hochdruck um Aufklärung, ob auch Deutsche von den Explosionen betroffen sind.»
Nach Angaben von Augenzeugen ereigneten sich am Dienstagmorgen gegen 8.00 Uhr zunächst am Flughafen kurz nacheinander zwei Explosionen. Zeugen wollen zuvor Schüsse gehört haben. Eine Person habe etwas auf Arabisch gerufen, berichteten mehrere Menschen vor Ort der Nachrichtenagentur Belga. Dabei wurden allein elf Menschen getötet und 81 verletzt, wie Gesundheitsministerin Maggie De Block sagte. Zunächst war von 13 Toten am Flughafen die Rede gewesen.
Gegen 9.00 Uhr kam es an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel von Brüssel zu einer Detonation. Mindestens 15 Menschen kamen hier ums Leben. 55 weitere erlitten Verletzungen, wie Belga mit Hinweis auf Informationen der Brüsseler Nahverkehrsgesellschaft Stib berichtete.
Explosion in einfahrender U-Bahn ausgelöst
Die Explosion wurde in einer gerade eingefahrenen U-Bahn ausgelöst. Bilder vom Tatort zeigten einen völlig zerstörten Wagen. Auf der Straße vor der Station wurden auf dem Gehweg Verletzte behandelt. Auch anderthalb Stunden später rasten noch Rettungswagen mit Blaulicht und Sirenen an den Ort des Anschlags, wie dpa-Reporter in Sichtweite der weiträumig abgesperrten Station beobachteten.
Später kam es laut Belga zu einer weiteren Explosion. Sie habe sich am Dienstagvormittag nahe der Rue de la Loi ereignet - das ist in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Bei der erneuten Explosion handelte es sich aber wohl um eine kontrollierte Sprengung durch Experten, wie der Rundfunk RTBF unter Berufung auf Polizeikreise berichtete.
Die französischen Behörden erhöhten nach den Anschlägen von Brüssel die Polizeipräsenz an den Grenzen sowie in Bahnhöfen und Flughäfen. Innenminister Bernard Cazeneuve schickte dafür am Dienstag 1600 zusätzliche Polizisten und Gendarmen in den Einsatz, wie er nach einem Krisentreffen bei Präsident François Hollande in Paris ankündigte.
Die Bundespolizei im Saarland kontrolliert nach den Anschlägen verstärkt an der Grenze zum Nachbarland Luxemburg. An der Autobahn 8 nach Luxemburg seien Kontrollen sporadisch eingerichtet worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Bexbach. Die Bundespolizei verstärkte ihre Kontrollen auch am Flughafen in Frankfurt am Main.
Bereits zuvor Warnungen
Zuvor schon hatte das Auswärtige Amt zu besonderer Vorsicht geraten. In einem Sicherheitshinweis heißt es: «Reisende in Brüssel werden dringend gebeten, sich in der Stadt nur mit erhöhter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit zu bewegen.» Größere Menschenansammlungen sollten gemieden werden.
Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Anschläge als «schreckliches Verbrechen». «Deutschland steht angesichts dieser terroristischen Gewaltakte an der Seite Belgiens», schrieb er an König Philippe.
Bilder sprechen blutige Sprache
Auf Bildern vom Brüsseler Flughafen waren blutverschmierte Menschen mit zerrissener Kleidung zu sehen. In einer der Flughafenhallen stürzte offensichtlich durch die Wucht der Explosionen die Deckenverkleidung herab. Eine riesige Glasfront wurde zerstört.
Vor knapp zwei Jahren hat es in Brüssel den bis dahin letzten Anschlag gegeben: Der Islamist Mehdi Nemmouche erschoss im Mai 2014 bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum vier Menschen. Der Täter ist Franzose und wurde später in Frankreich verhaftet und nach Belgien ausgeliefert.